Die Erfindung der freien Wahl des Stromanbieters war ein positives Deregulierungs-Ergebnis. Es war schon ein langer Weg bis zu einem einigermaßen geordneten Markt, und die Aufsicht könnte ein bisschen verbraucherfreundlicher sein. Allerdings muss der Verbraucher sich auch ertüchtigen, am Marktgeschehen teilzunehmen, und die Abgabe des gesunden Menschenverstandes bei sehr sehr günstigen Angeboten an der Garderobe gehört nicht dazu. Spektakuläre Pleiten wie bei Flexstrom oder Teldafax haben immerhin nicht dafür gesorgt, dass Menschen ohne Strom dastanden.

Ich wechsele jetzt zum wahrscheinlich 10. Mal den Stromanbieter. Im vorvergangenen Jahr ging es zu Maingau-Strom, einem durchaus regionalen Anbieter. Der wirkt seriös, vertrauenswürdig, und ich finde Kommunikation und Service tatsächlich gut.

Man will sich auch gerne ein bisschen von der Konkurrenz absetzen und hat für den Verbraucher wichtige Hinweise:

Bei der Suche nach günstigem Strom ist größte Vorsicht vor sogenannten Billigstromanbietern angebracht. Denn diese haben oft reine Lockangebote vorrätig, deren zu Beginn günstige Strompreise im Laufe der Zeit enorm steigen. Der Verbraucher erhält von vielen Billigstromanbietern also nur für kurze Zeit wirklich günstigen Strom, danach hat er im schlimmsten Fall sogar noch höhere Stromkosten als zuvor.

Stimmt schon.

Also habe ich einen Tarif abgeschlossen „Maingau Strom Smart Öko“ zu 0 Euro monatliche Kosten, 22,81 Ct/kWh. Alles gut.

Es kam, wie es kommen musste. Zum Ende der Preisgarantie kam die Preiserhöhung. Der Preis steigt, weiter ohne monatliche Kosten, auf 28,37 Ct/kWh. Übrigens in einem etwas zu wortreichen Schreiben aber immerhin klar kommuniziert. Das ist aber eine Preiserhöhung um 5,56 Ct/Min., das sind mithin rund 24,4 Prozent (!). Wow!

Also Preisvergleicher angeworfen und nach was Neuem gesucht – ohne Bonuszahlungen einzurechnen. Die nehme ich zwar gerne mit, weiß aber, dass bei hohen Bonuszahlungen ganz sicher nach Ablauf der Preisgarantie ein saftiger Zuschlag fällig wird.

Übrigens finde ich dabei den Tarif „Maingau Strom Regio“. 36 Euro Grundkosten im Jahr, 23,45 Ct./kWh. Die Grundkosten sind bei meinem hohen Verbrauch vernachlässigbar. Ich will nun in diesen Vertrag wechseln, Auskunft des Kundendienstes: der ist nur für Neukunden. Aha. Ein bisschen Billigstromanbieter-Lockvogelmäßig.

Also wechsle ich. Neuer Tarif: 89 EUR im Jahr Grundkosten, dafür 22,62 Ct/kWh.

Jetzt kommt Maingau daher und ruft mich an. Bietet mir einmalig am Telefon die Gelegenheit, den Wechsel zu stornieren, das Angebot: keine Grundkosten, rund 26,4 Ct/kWh.

Hmm, um dass mit meinem neuen Tarif zu vergleichen müsste ich den a. auswendig kennen und b. schnell im Kopf zusammenrechnen, welche Jahressummen da bei meinem Verbrauch herauskommen. Dazu fühle ich mich auf der Arbeit gerade nicht so echt in der Lage. Meine Bitte: interessant, schicken Sie mir das mal per E-Mail, dann melde ich mich.

Antwort: Nein, das ginge nicht, das sei nur ein telefonisch verfügbares Angebot.

Der Kunde soll also am Telefon sehr schnell eine Entscheidung treffen, die immerhin übers Jahr gerechnet hundert Euro ausmachen könnte.

Das nenne ich jetzt echt Billigstromanbieter-überrumpelungsmäßig.

 

Ich lehne „dankend“ ab. Zuhause dann nachgerechnet: diese Ablehnung sparte mir rund 200 Euro im Jahr.

Was soll diese Telefon-Aktions-Aber-Nicht-Schriftlich-Masche? Haben die das nötig? (Nachrechnen zeigt: ja)

Das ist alles nicht strafbar, aber dieses großkotzige Absetzen von Billigstromanbietern und deren Praktiken auf der Webseite ist dann doch einfach einen Zacken zu heuchlerisch.

 

Ein Gedanke zu „Och nö, Maingau Strom“
  1. Ich bin mittlerweile auch schon um einiges vorsichtiger geworden, wenn es um das Wechseln von Stromanbietern geht. Mittlerweile bin ich seit ein paar Jahren beim selben Anbieter und habe keine Bindefrist, was mir sehr entgegen kommt.
    Alles Liebe,
    Beate

    (Link entfernt – Michael)

Kommentare sind geschlossen.