KI/MIdjourney

Es hat ein bisschen „Boom“ gemacht, als bekannt wurde, dass der Heizungsbauer seine Wärmepumpensparte mehr oder weniger an einen amerikanischen Konkurrenten verkauft. Boom.

An dieser Stelle möchte ich kurz die Aufmerksamkeit auf die Art und Weise lenken, wie Viessmann das kommuniziert hat – in einer Pressemeldung am 25. April:

Viessmann Group stellt sich neu auf und geht damit nächsten Schritt als eigenständiges Familienunternehmen

Um es kurz zu machen: viele relevante Informationen hat diese Meldung nicht zu bieten. Hier wird das als Fusion, Verschmelzung beschrieben.

  • Transatlantische Partnerschaft schafft Grundlage für weiteres Wachstum und unterstreicht Bedeutung internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen den globalen Klimawandel
  • Der Geschäftsbereich Climate Solutions der Viessmann Group wird wesentlicher Treiber der Wachstumsstrategie von Carrier in Europa
  • Viessmann Group wird einer der größten Anteilseigner von Carrier
  • Max Viessmann, CEO der Viessmann Group, wird Mitglied des Verwaltungsrats von Carrier
  • Mit der neuen Aufstellung kann die Viessmann Group ihre Verantwortung weiter stärken, Lebensräume für zukünftige Generationen zu gestalten
  • Erlöse aus dem Zusammenschluss mit Carrier werden größtenteils in die Viessmann Group reinvestiert, um ihre unternehmerischen Aktivitäten rund um CO2-Vermeidung, CO2-Reduzierung und CO2-Speicherung über den Wärmesektor hinaus auszubauen 
ebd

Keine Zahlen zur Fusion, ein windiges „wird größter Anteilseigner“, ein Viessmann im Board des amerikanischen Unternehmens.

Auf gut Deutsch: Worthülsen („transatlantisch“), Sprechblasen („Fortschritt durch Kontinuität“), Buzzwords („Wachstum“).

Familienunternehmerprosa

Besonders eklig in diesem Zusammenhang wie die Eigentümer der Firma versuchen, alle Mitarbeitenden, also abhängig Beschäftigten, als Familienmitglieder „branden“ wollen, um die wahren Machtverhältnisse zu verschleiern.

Die Unternehmerfamilie würdigt die Teamleistung aller Climate Solutions Familienmitglieder nach erfolgreichem Abschluss der neuen Partnerschaft mit einem Betrag von 106 Millionen Euro für 106 Erfolgsjahre. Die Prämie wird als einmaliger Bonus an alle Mitarbeitenden der Climate Solutions ausgeschüttet.

ebd.

Die „Climate Solutions Familienmitglieder“ – das klingt so heimelig. Und ein bisschen verlogen. Schließlich hatten diese „Familienmitglieder“ im Gegensatz zur „Unternehmerfamilie“ nichts mitzureden.

Ohne konkrete Zahlen geht es weiter, aber weiße Salbe für die restlichen Heizungsbauer:

Der Erlös aus dem Zusammenschluss mit Carrier wird größtenteils in die Viessmann Group reinvestiert. Daneben wird ein erheblicher Anteil in philanthropische Aktivitäten fließen.

Meine offenen Fragen:

Der Erlös (in welcher Höhe, und warum gibt es bei Fusionen transatlantischer Natur eigentlich Erlöse?) aus dem Zusammenschluss mit Carrier wird größtenteils (wie viel Prozent, Summe?) in die Viessmann Group reinvestiert. Daneben wird ein erheblicher Anteil (wie viel?) in philanthropische Aktivitäten (Welche?) fließen. (Und was bleibt für wen übrig?)

Butter/Fische

Carrierer in den USA ist ein börsennotiertes Unternehmen. Daher sieht deren Pressemitteilung ganz anders aus, denn hier entstehen Schadensersatzansprüche durch Aktionäre, wenn nicht sauber und ordentlich informiert wird. Die Überschriften dürfen aber wolkig sein:

Carrier Announces Portfolio Transformation to Create Global Leader in Intelligent Climate and Energy Solutions

Carrier to acquire Viessmann Climate Solutions for12 billion in cash and stock issued directly to Viessmann Group with a long-term ownership commitment

Most attractive asset in the most attractive segment: premier company with highly differentiated channel, customer access and technology significantly enhances Carrier’s strategyto capitalize on the rapid energy transition in EuropeCreates the most comprehensive and differentiated suite of sustainable technologies and services, which Carrier can scale globally

Carrier plans to exit its Fire & Security and Commercial Refrigeration businesses

Transforms Carrier intoa pure-play, more focused, higher growth global market leader

Kein Geschwurbel. Carrier acquires, also kauft Viessman Climate Solutions für 12 Milliarden (Dollar) in Cash und Anteilen. Im Detail:

Under the terms of the agreement, subject to working capital and other adjustments, Carrier will acquire Viessmann Climate Solutions for €12 billion, of which 80% will be in cash and 20% in Carrier common stock delivered to Viessmann Family Holdings.
Reflecting their confidence in Carrier’s growth and value creation, the Viessmann family has agreed to certain long-term lock-up provisions with respect to its equity ownership of Carrier common stock. Max Viessmann will join Carrier’s Board of Directors.
Carrier expects to fund the cash portion of the consideration through a combination of cash on hand and newly committed financing.  

Klar, Viessmann hat nicht die selben Publikationspflichten wie Carrier, aber wäre es nicht auch hierzulande substantieller gegangen?

9,6, Milliarden US-Dollar in Cash gehen an die Familienholding. Das meiste soll in den Unternehmensrest investiert werden, dann noch „philantropische“ Aktivitäten (die weitere Unterstützung von Wintersport als Sponsor?). Werden wir je genaueres erfahren? Ich gehe davon aus, dass Familienmitglieder der 3. und 4. Generation die Chance gesehen haben, Cash zu machen und das Family-Office das Geld schon schön anlegen wird. Die Erbschaftssteuerregeln werden schon dafür sorgen, dass die Unternehmerfamilie (nicht die „Familienmitglieder“) ausgesorgt haben.

Illu: KI/MIdjourney

Ein Gedanke zu „Short Notice: Viessmann und „Familienunternehmen““
  1. Mittelstandspatriotismus war immer schon wenig mehr als ein Narrativ. Hat lange funktioniert (Erhard; Rheinischer Kapitalismus) und kommt jetzt umso teurer in der Abwicklung. Als LangzeitPrekärer wenig Mitleid mit den Eigenheim-Piefkes… sry

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