Zum ersten Mal seit 2 Jahren wieder im Kino gewesen. Ach ja. Ist so ne Leinwand groß. Bericht folgt.
Wer glaubte, die Fantasy-Welle werde schon schnell wieder abebben und der Output der Studios auf ein Normalmaß schrumpfen, der hat sich getäuscht: die Vorschauen zeigen, dass Fantasy, vor allem mit jugendlichen Protagonisten, schwer im kommen ist. Vielversprechend sehen die Vorschauen auf DER GOLDENE KOMPASS (neuer Trailer online) aus (aber: eine Trilogie droht!), vor der Tür stehen KRABAT und die SPIDERWICK-CHRONIKEN, NARNIA 2, 3 usw. und ganz sicher eine Menge mehr.
Im Zuge der Fantasy-Welle wurde es dann auch etwas aus der Verfilmung von Neil Gaimans DER STERNWANDERER (STARDUST). Schon bei seinem Erscheinen sorgte das Buch für Irritationen beim Publikum, das durch die SANDMAN-Comics mindestens doppel- bis gar tripplebödige Lektüre versetzt mit Zitaten, humanistischer Bildung und „Twists“ erwarteten. Dementsprechend zurückhaltend dann auch die Aufnahme durch die „Fans“ – wem der Name Gaiman dagegen nichts sagte, der durfte sich an einem altertümlich wirkenden aber sympathischen Märchen erfreuen, an skurrilen aber nicht allzu absuden Ideen. Selbst bei seinen späteren „Kinderbüchern“ THE WOLVES IN THE WALLS und THE DAY I SWAPPED MY DAD FOR TWO GOLDFISH ist Gaiman wesentlich weiter in Sachen „Absurdität“ gegangen.
Nein, schon das Buch STARDUST war konventioneller als vieles andere aus seinem Schaffen, und so ist es auch kein Wunder, dass der Film ebenfalls „konventionell“ daherkommt.
Es ist die Geschichte von Tristan (Charlie Cox), der im Dorfe Wall direkt an der Mauer zu einem geheimnissvollen anderen Reich wohnt. Der Durchgang durch eine Lücke der Mauer ist höchst Illegal, aber sein Vater wagte vor rund 18 Jahren diesen Ausflug – wurde dann neun Monate später zum alleinerziehenden Vater. Tristan begehrt die Dorfschönheit Victoria und verspricht ihr, einen gefallenen Stern für sie zu holen, wenn sie dafür seine Frau wird. Er bricht auf und findet diesen gefallenen Stern – der gleichzeitig das Ziel aller Begierden dreier alter Hexen ist. Der Stern entpuppt sich als Mädchen, Yvaine (Claire Danes), und das Verspeisen ihres Herzens verspricht den Hexen (u.a. Michelle Pfeifer) erneute Jugend und ihr Medaillon den Prinzen von Stronghold den Thron. Kein Wunder das sie und Tristran von nun ab ständig verfolgt werden. Einer ihrer Verbündeten auf dieser Flucht wird der Kapitän des Blitze jagenden Flugschiffes Captain Shakespeare (Robert de Niro), der ein dunkles Geheimnis hat.
Ein Märchen halt, mit schönen Details am Rande wie der skurrilen Nachfolgeregelung des Hauses Stronghold, bei dem grundsätzlich der „überlebende“ Sohn des Königs Thronfolger wird, was zu einem ausmendeln der Nachkommenschaft führt. Die abgelebten Prinzen begleiten die Jagd nach dem Thron dann kommentierend. Auf skurrile und witzige Ideen muss man also nicht verzichten, aber sie sorgen nicht dafür, dass der Film seinen „klassischen“ Märchencharakter verliert. Michelle Pfeiffer und Robert De Niro haben sichtlich Spaß an ihren Rollen, und spätestens nach einer halben Stunde ist man gefangen in der Welt von STERNWANDERER.
Die Tricks sind gesundes Mittelmaß, nicht überwältigend opulent aber auch nicht so verstörend enttäuschend wie in NARNIA 1. Claire Danes ist ein bezaubernder Stern, so etwas wie eine Idealbesetzung, und Charlie Cox nimmt man den Jüngling 1a ab. 124 Minuten dauert der märchenhafte Ausflug, der hält, was das Genre verspricht: Das Gute in Form reiner Liebe, Prüfungen derselben, Bösewichter auf der Höhe der Zeit, Bedrohungen und Kämpfe, derbe Gemeinheiten der dunklen Seite und wundervolles Pathos der Guten. Ein bisschen schottische Folklore, ein paar gute Ideen zum Thema Magie, und immer ein Funken Humor.
DER STERNWANDERER steht in der Tradition von DIE BRAUT DES PRINZEN ohne den Humor oder DER TAG DES FALKEN ohne das ganz große Pathos. Irgendwo dazwischen, und das ist sehr schön. Schön auch: mit diesem Film ist Schluß, kein Sequel in Sicht. Auch das schon mal ein Bonuspunkt.
Und das Gaiman als Co-Produzent dabei war hat sicher verhindert, dass die Studios irgendwelchen Unsinn einbauen. Denn würde man nach Fantasy-Drehbuchautoren-Kochrezepten gehen, dann hätte man sicher Tristran einen lustigen Sidekick verpasst (am liebsten ein sprechendes Tier!), die Hexen ein bisschen weichgespült, die toten Prinzen eher weggelassen usw. Also: danke Mr. Gaiman, dass sie ihre Finger dringelassen haben.
Kein Film für Gaiman-Puristen, allerhöchstens ein Hauch von MIRRORMASK, aber dafür ein wunderschönes Märchen adäquat umgesetzt, ein Spaß für alle, die sich auf so etwas noch einlassen wollen.