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Ein unglaublicher Propagandaerfolg der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): die Studie zu Schulverpflegung und Kosten, bezahlt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Denn dusslig, wie Journalisten nunmal manchmal sind, heißt dann häufig die Überschrift wie etwa bei n-tv: Besseres Schulessen kostet nur Cents mehr.

Das ist nicht die Aussage, denn: was ist Besser, was ist Schlechter? Schmackhaftes Essen ist besser, oder, wie die Studie untersucht, das sklavische Abarbeiten der Empfehlungen der (Achtung, Überraschung) DGE für Schulverpflegung? Natürlich wurde nur letzteres untersucht, und dann gleichzeitig beklagt, dass die Akzeptanz für das Schulessen so gering sei.

Aber zum über zitierten „Fazit“ der „Studie“:

Gesünderes Schulessen könnte häufig bereits für vier Cent zusätzlich zubereitet werden.

Hurra.

Allerdings unter diesen Voraussetzungen, so die FAZ:

Demnach muss ein gesundes Mittagessen nach den DEG-Qualitätsstandards für Schulverpflegung kaum teurer sein als ein anderes. In einer Grundschule mit 200 ausgegebenen Essen betrüge der Unterschied laut Modellrechnungen nur vier Cent pro Mahlzeit.

Hätte, wäre, Fahrradkette. Denn die DGE-Ernährung, so jubeln es gesundheitsbewusste Journalisten hoch, bedeutet

Salat statt Pommes, Gemüse statt Wurst: Schon für einen einstelligen Centbetrag mehr könnte das Schulessen in Deutschland wesentlich gesünder ausfallen.

Vorausgesetzt, man findet 200 Abnehmer. Und: man kocht vor Ort („Mischküche“). Und dann lohnt schon ein Blick in die Studie selbst:

Werden die in Kapitel 3.1 und 3.2 dargelegten Kosten zusammen betrachtet, so ergeben sich die Gesamtkosten für eine Mittagsmahlzeit, die allerdings nicht die Kosten für Umbauten im Bestand beziehungsweise Neubauten von Schulmensen enthalten.

Und schon wird die Kalkulation schwierig: Schulumbauten sind teuer. Oder nahezu unmöglich. Vor allem wenn man die Vorgaben an bauliche Gegebenheiten bei Küchen sieht.

Insgesamt geht die DGE-Milchmädchenrechnung nur bei sehr hohen Verpflegungszahlen auf, auf der anderen Seite ist es natürlich eine Binse, dass sich pro Einheit die Fixkosten besser verteilen.300 bis 600 Essende wären ganz toll, damit die Kosten niedrig bleiben. Das wusste aber auch schon vor der „Studie“ jeder. Die Realität sieht anders aus, etwa nach diesem Artikel in Darmstädter Echo aus 2017 Das Schulessen schmeckt nicht allen:

Die Stadt hat seit Anfang der 2000er Jahre rund 13,5 Millionen Euro in den Bau von Schulmensen investiert, berichtet Schuldezernent Rafael Reißer (CDU). Weitere Investitionen von 12,5 Millionen Euro sind bis 2020 geplant. Im Verhältnis dazu sind die Zahlen, wie viele Schüler überhaupt in der Mensa essen gehen, zum Teil ernüchternd.

Beispiel Georg-Büchner-Schule (GBS): Im Schnitt gehen dort lediglich 32 Schüler pro Tag essen. Freitags sind es sogar nur 19. Bei 464 Schülern in der Sekundarstufe 1, also ohne Oberstufe, macht das einen Anteil von lediglich 6,9 Prozent Kindern und Jugendlichen aus, die mittags in der Schule essen. Würde man die Oberstufenschüler noch mitzählen, läge der Anteil der Mensanutzer sogar nur bei 4,1 Prozent. In anderen Worten: Nur jeder 25. Schüler nutzt die Mensa. Ähnlich schlecht steht die Gutenberg-Gesamtschule da, knapp fünf Prozent genießen dort das Mensaessen.

Die angegebenen Zahlen sind ernüchternd, und übrigens wird die GBS nach den Empfehlungen der der DGE verpflegt.

Wohin diese Verpflegungsempfehlungen führen, und warum meine Kinder sofort, als sich die Gelegenheit bot, der Schulverpflegung den Rücken gekehrt haben, das später. Wichtig nur, warum diese Studie in der Rubrik „from hell“ landet:

  • Die Gleichsetzung von „besserem Essen“ und „nach den Empfehlungen der DGE“ erscheint mir vollkommen überzogen.
  • Die Kostengleichsetzung von DGE-empfohlenem Essen und konventioneller Kost klappt nur unter den unrealistischen Voraussetzungen „mehr als 200 Essen“ und „Mischküche“
  • Und die Investitionen für Küchen in Schulen bleiben kostenmäßig unberücksichtigt.

Das Schulessen ist ein Schlachtfeld der Ökotrophologen, auf dem sie es einfach haben, zu gewinnen, denn kein Politiker wird sich der DGE in den Weg stellen können. Und selbst wenn das bedeutet, dass die Nachfrage nach Schulessen eher mager bleibt.

In die richtige Richtung kommentiert die Süddeutsche Mit vier Cent ist es nicht getan:

Nur weil es gesundes Essen gibt, ernähren sich Kinder nicht gesund. Geschmack entwickelt sich entlang positiver und negativer Erlebnisse. (…) Ein gesundes Essen lebt auch davon, wie gegessen wird. Dazu gehören Zeit, eine ansprechende Zubereitung und auch die Möglichkeit, sich das Menü selbst zusammenzustellen: Nur ein bisschen von dem Fisch zu probieren, dafür ein bisschen mehr Kartoffeln, bitte.

Und, soviel Cliffhanger muss sein, es genügt einfach nicht, in den Speiseplan „lecker“ zu schreiben um etwas Wohlschmeckendes anzubieten …

 

 

 

 

 

 

 

 

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