Ist es denn nicht die banalste Weisheit der liberalen Welt, dass Unternehmen alleine entscheiden können, ob, wie und bei welchem Werbeträger sie Reklame für ihr Geschäft machen? Oder gibt es jetzt eine Vorschrift, nachdem sie ihre Werbetöpfe gleichmäßig über alle Plattformen auszustreuen hätten? [Hintergrund ist die Aktion #keingeldfuerrechts, bei der ein Werbe-Stratege Firmen empfahl zu überlegen, ob sie auf Seiten wie „Breitbart“ wirklich werben wollen – was Kellog’s wohl nicht mehr tun mag. Ein Taz-Artikel hier. Mit erschreckenden Einblicken in die Wirkmächtigkeit der Broders und Tichys dieser Welt – wir brauchen kein Breitbart hierzulande, alles schon da.)

Den Eindruck bekommt man, wenn man den FAZ-Artikel von Michael Hanfeld „Wirb nicht bei den Schmuddelkindern“ liest – das sind ungewohnt sozialistische Töne für das Blatt. Okay, die Begründung lautet:

Ein Werbeboykott ist übrigens nicht nur ein Mittel gegen vermeintlich gefährliche (Meinungs-)Blogs und Netzportale, sondern vor allem gegen kritische Presseberichterstattung. Wer auf so etwas setzt, erst recht als Stratege einer Werbeagentur, bringt wirtschaftliche Macht gegen die Meinungsvielfalt und die Pressefreiheit in Stellung.

Wow. „kritische Presseberichterstattung“ „Meinungsfreiheit“ „Pressefreiheit“ in Gefahr, wenn Unternehmen von ihrem Recht Gebrauch machen sollten, keine rechten Krawallmacher zu finanzieren. (Bei Tichy gab es schon Fake-News bevor es den Begriff gab)

Den hehren Anspruch würde ich Hanfeld vielleicht abnehmen – wenn er denn irgendwann mal bemerkt hätte, dass das alles nichts Ungewöhnliches ist. Was etwa ein Blick in die taz verrät, die ich Wochenends abonniert habe: denn da sieht man den Werbeboykott. Unmengen an Firmen haben entschieden, in der taz nicht zu werben – denn Anzeigen veröffentlichen würde die taz schon machen wollen (wie die Bundeswehr-Werbung plus zugehörige Debatte gezeigt haben).

2,3 Millionen Euro hat die die taz im Jahr 2014 an Erlösen durch die Veröffentlichung von Anzeigen eingenommen. Eine ganz schöne Menge, wenn man bedenkt, dass allein die Position Redaktionskosten, in denen Text- und Bildhonorare, Reise- und Agenturkosten undsoweiter addiert werden, im selben Zeitraum 2,7 Millionen Euro betrugen.

Ganz schön wenig, wenn man feststellt, dass damit der Anteil an den gesamten Umsatzerlösen nicht einmal 9 Prozent beträgt. Und erst recht, wenn man diesen Anteil ins Verhältnis setzt zu den marktüblichen 33 Prozent*. Wir spüren dies Monat für Monat an den traditionell niedrigen taz-Gehältern, die wir uns auszahlen können.

Hat denn jemals die FAZ die Beschneidung der Möglichkeit „kritischer Presseberichterstattung“ „Meinungsfreiheit“ „Pressefreiheit“ durch den Werbeboykott gegen die taz beklagt?

Also.

Fragt sich dann, warum die FAZ  glaubt, für die Einnahmen der kruden Publikationsplattformen achgut und tichyseinblick in die Bresche springen zu müssen.

Muss ich nochmal drüber nachdenken.

 

Übrigens kaufe ich auch deshalb gerne bei Fielmann, weil die Kette seit Jahren schon ihre Anzeigenkampagnen ganz selbstverständlich auch in der taz schaltet.

 

 

Ein Gedanke zu „#keingeldfürrechts und die Heuchelei der FAZ“

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