Da Barack Obama die Hannovermesse besucht und das transatlantische Freihandelsabkommen ein Thema ist, sieht sich die ZEIT befleißigt, die Anti-TTIP-Bewegung, die in Deutschland sehr (laut-)stark ist mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Oder was man heute so nennt. Der überzeugte Transatlantiker Josef Joffe und Herausgeber der Zeit dürfte sich sehr über den Artikel „Im Empörungswahn“ von Steffen Dobbert gefreut haben. Denn im Prinzip unterstellt er den Gegnern von TTIP Irrationalität, Antiamerikanismus, Politikverdrossenheit, Blindheit gegenüber den Segnungen des unbeschränkten Handels und vieles mehr. Schon in der Einleitung heißt es nämlich:

Beim Thema TTIP sind Politikverdruss und Antiamerikanismus fast zum Selbstzweck geworden. Der Protest ist blind für die Vorteile: Das Handelsabkommen ist Europas Chance

So, jetzt erwarte ich eine fundierte Auseinandersetzung in dem doch sehr langen Text mit den Argumenten der Gegner.

Bekomme ich aber nicht. Die Verteidigung von TTIP hat diese Struktur

Antiamerikanismus

Auf der Diffamierungsskala ist Antiamerikanismus als Vorwurf zwar noch deutlich hinter Antisemitismus angesiedelt, wird aber auch gerne als Keule geschwungen. Ziemlich kurz argumentiert er:

Immerhin hat die Europäische Union bereits mehr als 30 Freihandelsabkommen mit anderen Staaten verhandelt. Gegen keines war der Protest so laut, so groß und so weit verbreitet wie gegen die Transatlantic Trade and Investment Partnership zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika, besonders in Deutschland. Ergo: Viele Menschen gehen nicht gegen das Handelsabkommen, sondern gegen den Handelspartner auf die Straße, Antiamerikanismus als Antrieb.

Dieses Ergo könnte doch ein Pseudo-Schluss sein: vielleicht hat das nicht mit den US-Amerikanern zu tun, sondern ganz rational damit, dass es hier um das mit Abstand größte Handelsvolumen aller ausgehandelten Verträge geht. Und auch gegen das multilaterale Abkommen ACTA und das EU/kanadische CETA hat es in der Vergangenheit durchaus lautstarke Proteste gegeben. Mithin also kein zwingender „Ergo“-Schluss, denn Dobbert da ausgemacht hat.

Warum die Anti-TTIP Bewegung so stark ist: eine weitere Erklärung sei die angeblich intransparente Kampagnen-Plattform „Campact“.

Im Kampf um die Beeinflussung der öffentlichen Meinung agiert Campact wie ein Dienstleistungsunternehmen für Lobbyverbände, Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen.

 

Es gibt (vergiftetes?) Lob aus der CDU-Ecke

Neben dem gesellschaftspolitischen Umfeld in Deutschland sei der bisherige Erfolg der Anti-TTIP-Protestbewegung vor allem auf die Professionalität zurückzuführen, mit der die Campact-Kampagnen geplant, koordiniert und durchgeführt werden. Auf ganz besondere Weise sei es Campact gelungen, ein Thema aus einer Nische auf die oberste politische Agenda zu katapultieren, heißt es in einer Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Jetzt wird geraunt: 6,2 Millionen Euro habe der Etat 2015 betragen, das hat „Cicero“ aufwendig recherchiert. Oder auch nicht.

Der Bericht zum Jahr 2014 findet sich hier https://issuu.com/campact/docs/campact_report_2015

Die Konrad Adenauer Stiftung raunt, laut ZEIT:

Die Arbeit von Campact wird durch Spenden finanziert. Es gibt aber kaum Informationen darüber, wie viele Großspender die Arbeit von Campact unterstützen.“

Doch: im og. Bericht ist zu lesen: „Nur sieben Spenden haben im Jahr 2014 die Grenze von 5.000 Euro überschritten“. Gut, das könnten jetzt sieben Spenden á 500.000 Euro sein. Die Gesamteinnahmen lagen 2014 bei 5,6 Mio. EUR. Rund 41.000 Menschen spenden regelmäßig. Bei rund 136 Euro im Jahr pro Spender wäre die Summe schon beisammen.

Wir haben es also mit einer professionell arbeitenden Organisation zu tun, die das Niveau von Kampagnen, auch in Sozialen Netzen, deutlich angehoben hat.

Tja, na sowas. Auf Seiten der TTIP-Beförderer gibt es das sicher gar nicht.

Oder doch? Das wäre diese Organisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft„, die es jahrelang geschafft hat, ihre Finanzierung durch die Metallarbeitgeber so gut zu verbergen, dass viele Journalisten darauf hereingefallen sind.  Lustig: ihre Pro TTIP-Kampagne.

INSM ist eine GmbH (daher nicht so transparent wie ein gemeinnütziger Verein) und hat 2016 einen Etat von sieben Millionen Euro.

Wissenschaftlich begleitet wird die INSM vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln – man muss es einfach „arbeitgebernah“ nennen. Zur Finanzierung habe ich auf der Homepage erstmal nichts gefunden.

Nur zwei Institutionen auf der Befürworterseite, der BDI und viele andere Verbände, ebenfalls professionell aufgestellt und mit Geld ausgestattet kommen hinzu. Warum soll Campact jetzt irgendwie dubios sein?

Nix wirklich Neues

Jetzt wird es Zeit, dem geneigten Leser zur erklären, dass TTIP nur einfach so ein weiteres Freihandelsabkommen ist, von denen es ja schon viele gibt, und die alle total harmlos sind. Und um den Kritikern das kritisieren auszutreiben wird die Experten-Keule geschwunden

Grundsätzlich führt Handel zu mehr Wirtschaftswachstum, das gestehen selbst die stärksten TTIP-Gegner wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz ein.

Immerhin wird brav der ZEIT-Artikel verlinkt, in dem das Stiglitz sagte. Es fragt sich nur, ob Dobbert den Artikel gelesen hat. Dort heißt es nämlich:

ZEIT ONLINE: Immer mehr Bürger fragen sich inzwischen, ob wir durch Handelsabkommen nicht zu viele Regeln schleifen und zu viele Grenzen öffnen. Zu Recht?

Stiglitz: Grundsätzlich führt Handel zu mehr Wirtschaftswachstum. Aber er verändert die Verteilung in einem Land. Inzwischen zeigt sich, dass die Wachstumseffekte von Freihandel vergleichsweise klein, die Verteilungswirkungen aber sehr groß sind. In den Industrieländern schadet das den Ärmsten. Leider war die Politik der Regierungen hier bisher nicht hilfreich.

ZEIT ONLINE: Man kann also nicht behaupten, dass mehr Freihandel für alle Bürger eines Landes gut ist?

Stiglitz: Die Daten belegen eindeutig das Gegenteil. Bisher glaubte man, dass durch Handel zwar Leute in den Branchen, in denen mehr importiert wird, ihre Jobs verlieren, sie aber neue Jobs in der Exportindustrie bekommen. Das stimmt so einfach aber nicht. Es gibt aber eine sehr gute Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die hat amerikanische Landkreise untersucht, bei denen Produktion direkt durch billigere Importe aus China verdrängt wurden. Dort ist die Beschäftigung gesunken und die Löhne sind es auch.
ZEIT ONLINE: Und wie sieht es für die gesamten USA aus?

Stiglitz: Der Lebensstandard sinkt, der gesundheitliche Zustand und sogar die Lebenserwartung. Das reale Einkommen eines typischen Arbeiters ist heute niedriger als vor 60 Jahren. Das ist ein Desaster.

Aber das wäre ja zu viel verlangt, hier nicht nur einen Satz „Grundsätzlich führt Handel zu mehr Wirtschaftswachstum.“ zu nehmen sondern die komplette Argumentationskette darzustellen.

Freihandel ist also toll, vor allem innerhalb der EU, weil die Staaten jetzt keine Kriege mehr gegeneinander führen.

Steht der Krieg gegen die USA kurz bevor und muss per TTIP verhindert werden?

Segensreich

TTIP, wenn es denn kommt, würde also groß. Vor allem, weil es nicht nur darum geht, den Handel untereinander zu vereinfachen, sondern auch darum, gemeinsame Standards zu definieren und anzugleichen. Wichtige Bestandteile des Abkommens sollen zum Investitionsschutz und zum Schutz von intellektuellen Eigentumsrechten führen. Darum geht es in TTIP in großen Teilen. Sollte es irgendwann einmal zur Umsetzung kommen, würde es darüber auch möglich sein, wichtige Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft wie die Macht von Gewerkschaften oder den Mindestlohn zu stärken.

Woher der Glauben kommt, dass die Macht von Gewerkschaften durch Freihandelsabkommen gestärkt werden kann, das muss das Geheimnis des Autors bleiben, auch wie der Mindestlohn gestärkt wird. Die bisherigen Freihandelsabkommen haben dieses Ergebnis nicht gezeitigt, oder sind die deutschen und pakistanischen Gewerkschaften durch das Abkommen stärker geworden? Nein, die Macht der Gewerkschaften schrumpft, wenn Kapital und Handelsströme globaler werden – und Regierungen nicht die richtigen Rahmenbedingungen setzen.

Und da TTIP vor allem auf der Suche nach „Nicht-tarifären Handelshemnissen“ ist, gehören da am Ende auch Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte dazu.

Also echt.

Demokratie!

Die steilste These kommt zum Thema Entstehung von TTIP

Das Paradoxe ist: TTIP stellt den wohl am durchdemokratisiertesten und transparentesten Vertrag dar, der jemals zwischen zwei Demokratien verhandelt wurde. Die gewählten Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten haben der EU-Kommission den Auftrag gegeben, TTIP zu erarbeiten. Sobald die Verhandler den Wortlaut eines Teiles des TTIP-Abkommens fertiggestellt haben, leiten sie ihn an die Regierungen der EU-Länder, an das direkt gewählte EU-Parlament und an die Öffentlichkeit weiter.Jeder Interessierte kann also die einzelnen TTIP-Kapitel auf der Website der EU-Kommission nachlesen, darüber diskutieren, es kritisieren und dagegen protestieren. Noch transparenter ginge es wohl nur, wenn die TTIP-Verhandler sich in einem Raum mit Webcam treffen würden und jedes Wort live übertragen werden würde.

Übrigens haben wir es nicht mit zwei Demokratien sondern mit 29 zu tun. „Die gewählten Regierungen“ sind schon mal eine Abstraktionsstufe, was demokratische Legitimation angeht, denn vom Volk gewählt sind in aller Regel Parlamente und nicht Regierungen – diese sind nur mittelbar demokratisch legitimiert (und haben sich in aller Regel von ihren Parlamenten keine Zustimmung zur Aufnahme von Verhandlungen eingeholt). Die Beauftragen dann eine nicht demokratisch legitimierte EU-Kommission mit der Aushandlung des Vertrages. Und jetzt kommt’s:

Sobald die Verhandler den Wortlaut eines Teiles des TTIP-Abkommens fertiggestellt haben, leiten sie ihn an die Regierungen der EU-Länder, an das direkt gewählte EU-Parlament und an die Öffentlichkeit weiter.

Sagenhaft. Und was kann man dann noch machen, wenn diese tollen Verhandler verhandelt haben? Wenn man nicht mal Einfluss auf die Vorgaben der Verhandler nehmen konnte?Jetz darf man

darüber diskutieren, es kritisieren und dagegen protestieren

Ist das nicht ein sehr merkwürdiger demokratischer Prozess? Normalerweise geben im Laufe des Verfahren schon Menschen ihre Meinung ab, und auf die Formulierung der Ziele hätten sie gerne ganz am Anfang Einfluss. Aber nein: es wird etwas erarbeitet, und dann darf man protestieren (Was übrigens Dobbert ja wohl nicht passt). Über den Verhandlungsverlauf allerdings darf man nichts erfahren. Interessante Demokratievorstellung.

Mehr demokratische Kontrolle geht also kaum? Doch, denn die Vertreter des Volkes von Helsinki bis Madrid können nach Ende der Verhandlungen noch einmal darüber abstimmen, ob TTIP umgesetzt werden soll oder nicht. Alle 28 Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und das europäische Parlament entscheiden, ob TTIP kommt oder nicht.

Ah. Die Regierungen. Die nur mittelbar beauftragten. Nicht die Parlamente oder per Volksbefragung die Bürger? Das hängt vom jeweiligen Land ab? Der verkürzte Demokratiebegriff mein „mehr demokratische Kontrolle geht also kaum“? Unsinn, denn Demokratie bedeutet ja auch die Beteiligung der Minderheiten, also etwa der Parteien, die nicht die Mehrheit in ihren Parlamenten stellen und damit die Regierung besetzen.

Und da sind die Erfahrungen mit CETA.

Es gibt eine Neigung der EU-Komission, das Abkommen als „EU only“ zu klassifizieren, so dass nicht die Zustimmung der nationalen Parlamente eingeholt werden muss. (Hintergrund hier). Auch möchte man das Abkommen auf jeden Fall in Kraft setzen, wenn der EU-Rat dies beschlossen hat – die Ratifizierung durch die Parlamente kommt danach, das Abkommen gilt aber schon. Wird es in einem der Parlamente abgelehnt, dann gelten aber mindestens die Investorenschutzklauseln für weitere drei Jahre.

Das allerdings kritischere Problem ist die auch für TTIP bestehende Idee des „Living Agreement“, der automatischen Fortentwicklung der Vereinbarung durch Arbeitskreise und demokratisch noch viel weniger legitimierte Gremien. Da ist dann auch Dobberts Demokratieargumentation am Ende. Und auf diese Argumente geht er mal lieber nicht ein.

Lobby!

Dass der Deutsche Richterbund TTIP’s Regelungen zu Investorenschutzgerichten ablehnt, dass sieht Dobbert als ganz normalen Ausdruck von Lobby-Arbeit einer Interessensgruppe, die um ihren Einfluss fürchtet. In welchen Kategorien muss man dazu denken und was muss man von unserer Legislative und den Richtern halten? Richter verdienen nicht mehr Geld, wenn sie sich um Klagen von Unternehmen gegen den deutschen Staat kümmern müssen. Umgekehrt gibt es da diese riesigen internationalen Anwaltskanzleien – die tatsächlich sehr gut an der Ausdehnung des Geschäfts mit Schiedsgerichten verdienen. Lesenswert dazu dieser Artikel von SPON: „Schiedsgerichte – die Kläger-Clique“.

Eine Analyse der Schiedsrichter zeigt, dass eine auffällig kleine Gruppe von westlichen Top-Anwälten in der Welt der Investor-Staat-Schiedsverfahren das Sagen hat. Diese Top-15-Schiedsrichter sind bei 63 Prozent der Verfahren involviert. Alles Weiße, davon nur zwei Frauen. Oft stehen sie in Verbindung mit Kanzleien, die ein Interesse an der Erweiterung des Marktes haben. Es geht um viel Geld: Ein Prozess kostet durchschnittlich acht Millionen Dollar.

Es ist ein bisschen peinlich, die deutschen Richter mit den Juristen dieser Kanzleien gleichzusetzen.

Antiamerikanismus

Dobbert kehrt zurück:

TTIP ist Europas Chance, die Globalisierung im Interesse der EU zu steuern. Allerdings herrscht im Diskurs neben allen inhaltlichen Aspekten noch eine Dämonisierung Amerikas vor, die an Stereotype aus der weltweiten Finanzkrise mit einem gierigen amerikanischen Kapitalismus erinnern. Tatsächlich ist die Bankenaufsicht in den USA härter geregelt als in der EU. Diffuse Sorgen vor einer globalisierten Welt werden dennoch auf die USA projiziert, mit Erfolg.

Würde man sich die TTIP-Gegner genauer ansehen, dann dürfte sich schnell herausstellen: die britischen und Schweizer Banken kämen in Sachen Ansehen oder Vertrauen genau so schlecht weg wie die amerikanischen. Deutsche Konzerne werden nicht für „besser“ gehalten als die US-Konzerne, und schließlich machen Deutsche Bank („Kursmanipulationen“) oder VW („Dieselgate“) oder Siemens („Korruption“)  vor, dass auch und gerade deutsche Konzerne alles dafür tun, Gewinn zu machen – und sei es, indem sie über rechtliche Grenzen hinausgehen. Warum also soll man diesen Unternehmen glauben, dass ihre Vorteile auch gesellschaftliche Vorteile sind?

Antiamerikanismus trifft es einfach nicht: es ist der grundverwachsene Zweifel daran, dass automatisch Dinge, die Unternehmen nützen, auch gut für die Bürger ist.

Da wird dann, wie in diesem Gastbeitrag von Galina Kolev, vom IW Köln (s.o.) „TTIP ist großartig!“  und an vielen Stellen mehr und auch bei Dobbert behauptet:

Ausgerechnet Deutschland! Dabei müssten doch gerade wir es besser wissen: Unsere Exporte belaufen sich auf mehr als 45 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Fast ein Zehntel unserer Warenausfuhren setzen wir heute auf dem US-Markt ab. Ausgerechnet Deutschland, wo fast jeder vierte Arbeitsplatz an der Exportwirtschaft hängt. Ausgerechnet Deutschland, das bislang kein einziges Mal vor internationalen Schiedsgerichten gegen ausländische Investoren verloren hat.

Jammer Jammer. Und tatsächlich ist wahr: das unglaubliche gesamtwirtschaftliche Ungleichgewicht der Exportorientierung ist im Augenblick in Sachen Handeln ein „Bonus“ für Deutschland. Die Beschäftigung ist auf einem Höchststand. Die Arbeitslosenquote niedrig. Alles gut?

Das ist erkauft mit der schwächsten Reallohn-Entwicklung in der EU Anfang der 2000er Jahre, und auch seit 2008 haben sich die Reallöhne nicht kontinuierlich entwickelt. Es ist der Exportfetisch, der gerne als „Exportorientierung“ umschrieben wird, der den Binnenmarkt schwach macht. Keine Meldung, die vergisst zu erwähnen, dass es der Konsum in den USA ist, der die USA zu einem so wichtigen Handelspartner macht.

Und schauen wir nach Europa, dann verlässt viele Menschen das Vertrauen in das Wirtschaftssystem und den freien Handel (und den Euro) – die Stichworte sind Staatsschulden,  Arbeitslosigkeit und vor allem Jugendarbeitslosigkeit. Selbst in der prosperierenden Bundesrepublik ist ein ganz gutes Gefühl dafür vorhanden, dass Deutschland zwar ein Land der Seeligen sein mag, dies aber andere Menschen durchaus bezahlen – indem wir Arbeitslosigkeit exportieren. Und dazu kommen die Meldungen über prekräre Beschäftigungsverhältnisse hierzulande, den großen Niedriglohnsektor, der für Armut im Alter sorgen wird.

Seit langem gibt es eine massive Störung des Gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Doch statt deswegen Bedenken und Kritik zu äußern ist die Mehrheit der Volkswirtschaftler total begeistert von der Exportstärke der Bundesrepublik.

Kurz gefasst: viele Menschen glauben nicht daran, dass es automatisch allen (im In- und Ausland) besser geht, wenn es den Unternehmen gut geht. Die dreiste Frechheit, mit der die VW-Vorstände und Aufsichtsräte auf ihren „Boni“ bestehen (Manager Magazin: „Der Realitätsverlust der Wolfsburger ist komplett“), trotz der größten Krise in der Firmengeschichte, verbessert das nicht. Statt „Antiamerkanismus“ zu rufen und auf Bürger zu zeigen würde es sich lohnen auf die zu deuten, die den Ruf der Marktwirtschaft wieder und wieder zerstören. Die Gier ist leider grenzenlos, da oben.

Der „Trickle-Down-Effekt“ reicht nicht mehr als Begründung für ein Abkommen, von dem Bürger allerhöchstens indirekt etwas haben.

Wollte man einfach nur Zölle abschaffen: das geht einfach und mit einem Abkommen, gegen das kein Bürger etwas haben kann.

Wollte man nur internationale Normen vereinheitlichen, im Bereich der Technik: niemand wäre dagegen auf die Straße gegangen. Dass die USA das metrische System ablehnen oder sich aus der Entwicklung eines neuen Messtandards für PKW-Abgaswerte zurückziehen, das zeigt doch, dass echte Vereinheitlichungen gar nicht Hintergrund von TTIP sind. Auch innerhalb Europas gibt es eine Menge unverwirklichtes Potential an „Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse“, alleine ein einheitlicher Standard für Steckdosen wäre ja mal was.

Muss man für TTIP wirklich auf diesem Niveau argumentieren?

  • Antiamerkanismus
  • Böse, angeblich dubios finanzierte Kampagnen-Agentur
  • Richter sind Lobbyisten
  • TTIP ist Demokratie
  • Trickle Down

Das wird nicht ausreichen, um Unterstützung für das Abkommen zu steigern.