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Unbestreitbar ist das Wegwerfen von Lebensmitteln ein Frevel. In früheren Generationen wurde auf die möglichst komplette Verwertung aller Nahrungsmittel großen Wert gelegt, auch in der Erziehung war der umfassende Gedanke der nachhaltigen Nutzung wesentlich verbreiteter als heutzutage – zumindest nach meiner Individualempirie. Dafür gibt es ja auch Gründe: Nahrungsmittel sind in Deutschland enorm preiswert, jederzeit verfügbar und diktatorische Maßnahmen wie „Du stehst nicht auf bevor Du Deinen Teller leergegessen hast“ sind nicht mehr angesagt. (Zu Recht)

Aus dieser Tatsache wird in schöner Regelmäßigkeit ein Medienthema, meist mit dem Fokus auf „Unsere Supermärkte sind Lebensmittelverschwender“ bis zu „Containern ist Notwehr gegen die Lebensmittelverschwendung der Konzerne“

Ich möchte daher gerne das Augenmerk auf die Studie des BMEL lenken, die untersucht hat, wo denn die meisten Lebensmittel auf der Strecke bleiben. Hier ein Artikel dazu:

Danach verteilt sich der Lebensmittelabfall zu 52 Prozent auf die Haushalte, zu zwölf Prozent auf die Primärproduktion, zu 18 Prozent auf die Verarbeitung, zu 14 Prozent auf die Außer-Haus-Verpflegung und zu vier Prozent auf den Handel.

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/wirtschaft/ueberregional/Zw%C3%B6lf-Millionen-Tonnen-Lebensmittel-landen-im-M%C3%BCll-article4183052.html

Also: mehr als die Hälfte entsteht in den Haushalten. Hier die Kurzfassung der Studie

https://www.zugutfuerdietonne.de/fileadmin/Neuigkeiten/Thuenen_Baseline/Thuenen_Kurzfassung.pdf

Schlimm ist für alle, dass der Handel in dieser Studie nur vier Prozent des Abfalls verursacht. Das Supermärktebashing sollte also der Vergangenheit angehörden und der Konsument müsste in die Pflicht genommen werden? Wer sich über Wegwerfen aufregt, der sollte sich an die eigene Nase fassen?

Naja, das wäre doch zu einfach.

Linken-Verbraucherzexpertin Amira Mohamed Ali verweist auf eine Studie des Agrarministeriums, wonach 56 Prozent der Abfälle in privaten Haushalten nicht vermeidbar seien. Deshalb müsse der Fokus auf die Nahrungsverluste entlang der Produktionskette gelegt werden.

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/wirtschaft/ueberregional/Zw%C3%B6lf-Millionen-Tonnen-Lebensmittel-landen-im-M%C3%BCll-article4183052.html

Ist klar. Mensch gut, Kapitalismus böse. Seufz.

Der WWF findet die Studie nicht gut, und wahrscheinlich kann man zu Recht an der schmalen Datenbasis ansetzen

Für den WWF basieren die präsentierten Zahlen auf zu lückenhaften Daten und zu groben Abschätzungen. „Solange nicht vom Händler über den Lebensmittelhersteller bis zum landwirtschaftlichen Betrieb mehr Daten geliefert werden, bekommen wir kein Licht in die Tonne. Wer nicht weiß, wo, wieviel und warum Lebensmittel verschwendet werden, kann auch nicht gezielt gegensteuern“, kritisiert Tanja Dräger de Teran vom WWF. Der WWF sieht die Wirtschaft in der Pflicht, bestehende Datenlücken zügig zu schließen.

https://www.wwf.de/2019/september/kein-licht-in-der-tonne/

Lustig. Kein Licht in der Tonne. Lustig.

Ich denke auch, dass diese Daten zu 2015 nicht überintepretiert werden sollten. Mit einem statistischen Trick will der WWF den Anteil des Handels in die Höhe treiben:

Lebensmittelverluste, die der Handel in der Vorkette verursacht, werden den Herstellern oder den Landwirten zugerechnet.

ebd.

Vorkette? Ja, vor dem Handel, dem Verkauf von Waren, liegen Herstellung und Anbau und Transport. Nur weil etwas später verkauft wird, ist doch kaum der Handel für alles, was vor seinem Verteilzentrum passiert, zuständig.

Selbst wenn wir den Anteil des Handels verdoppeln, entsprechend bei den anderen Faktoren abziehen, so ist es doch der Privathaushalt, der gefordert wäre, die Lebensmittelverschwendung zu stoppen. Ich warte auf die entsprechenden anklagenden Artikel und Memes.

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