Über ein Jahr nach dem Amtsantritt Trumps hat dieses Buch den klaren Nachteil, den aktuellen Entwicklungen deutlich hinterherzuhinken. Es zeigt auch, dass ich vor einem Jahr die Berichterstattung sehr intensiv verfolgt habe und diese auch ein anscheinend zutreffendes Bild der Lage im Weißen Haus gezeichnet hat. Das interessante ist, dass es gar nicht sehr um Trump geht, denn der ist schnell charakterisiert: sprunghaft, unbelesen, unkonzentriert, ADHS, manipulierbar, wirr, vergesslich. Und so geht es vor allem um das Kommen und Gehen des Personals im Weißen Haus, und insbesondere Steve Bannon war wohl wichtiger Gesprächspartner Wolffs, denn von ihm gibt es jede Menge wörtliche Rede. Richard Barenberg macht einen grandiosen Job, indem er den weinerlich-aggressiven Trump und den brummigen, zynischen Bannon entsprechend intoniert. Sehr gut.
Es wird noch einmal aufgeblättert, welches Personal da Einzug gehalten hat, und wo die Konfliktlinien vor den Augen des Präsidenten und hinter seinem Rücken verlaufen: Bannon, die „traditionellen“ Republikaner, und „Javanka“, das Team um Jared Kushner und Ivanka Trump. Das Kriegsglück wogt dabei hin und her.
Meine Learnings:
* Trump telefoniert allabendlich mit seinen Millionärsfreunden und lässt sich von ihnen beraten. Rupert Murdoch und andere nehmen so direkten Einfluss auf die Politik
* Trump ist so untauglich als Präsident, wie wir es wahrnehmen.
* Der Einfluss der US-Milliardäre auf die Politik, etwa am Beispiel der Mercers, ist unglaublich groß. Nicht auszudenken, wenn die AfD hierzulande über ähnliche Ressourcen verfügen würde. Aber halt: gab es da nicht die aus unerfindlichen finanziellen Quellen bezahlten Anzeigen, Plakate, Postwurfsendungen, Wahlkampfzeitungen?
Der Satz, der bei mir am meisten hängen blieb (der Nachteil von Hörbüchern ist die fehlende Chance, Dinge zu markieren, anzustreichen!) hat aber nur indirekt mit Trumpismus und Bannonismus zu tun:
„Amerika ist ein unaufmerksames Land, zersplittert und zerstreut. Vielleicht war es Barack Obamas eigentümliche Tragödie, dass sogar er, der begeisternde Veränderer und Kommunikator, kein großes Interesse wecken konnte. Und es könnte die zentrale Tragödie der Nachrichtenmedien sein, dass ihr altmodischer, ja geradezu unbedarfter bürgerlicher Glaube, Politik sei die höchste Form der Nachrichten, mit dazu geführt hat, dass sie sich von einem Massen- in ein Zielgruppengeschäft verwandelt haben. Leider ist auch die Politik selbst immer mehr zu einer Angelegenheit für Experten geworden.“
Haben wir einen veralteten Nachrichtenbegriff? Nur was Politiker sagen und tun, Termine, die Politiker wahrnehmen, nur politische Debatten prägen die Berichterstattung? Und dabei gehen dann die Themen baden, die Menschen ganz konkret betreffen? Ist auch mediale Berichterstattung nur gerade mal, wenn überhaupt, in Wahlkampfzeiten auf Seiten der Bürger?
Mich beschäftigt das sehr, denn es geht hier um die Gründe für den Aufstieg dieser grotesken Figur zum Präsidenten – der sicher nicht möglich gewesen wäre ohne eine ebenso groteske Figur auf der Seite der Demokraten, eine Frau, die glaubte per dynastischem Gesetz Präsidentin werden zu müssen.
Es ist was faul an der amerikanischen Demokratie und Medienwelt, und das wird im Buch, abseits der teilweise kuriosen Schilderungen der Ränkespiele im WH, deutlich, zwischen den Zeilen, manchmal auch ganz direkt.
Es endet mit der Aussicht auf einen Aufstieg des Bannonismus, aber da muss der Autor wohl seinem ausführlichsten Gesprächspartner Tribut zollen.
Ich merke aber auch, dass ich jetzt nicht mehr so up to date bin, was gerade in der amerikanischen Politik läuft. Denn der Rückzug von Paul Ryan zeigt, dass das Republikaner-Establishment in der Defensive ist, und was bedeutet das? PBS hat eine Dokumentation „Trumps Takeover“ im Programm. Ich erwarte sehnsüchtig die deutsche Fassung. (Wahrscheinlich September, ZDFinfo …)
Und wer mehr über Steve Bannon wissen will:
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