Photo by Pawel Kadysz on Unsplash

Kommunikationsdifferenzen im Journalismus
Lesenswert ist der Blogpost von ORF-Journalist Armin Wolf „Demokratischer Diskurs ist kein safe space“ der sich aufgehängt am angeblichen Phänomen „Political Correctness“ zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Politikern, aber vor allem auch Journalisten und Bürgern äußert:

Die meisten Journalisten finden zum Beispiel die „Ehe für alle“ gut, ich lese jedenfalls wenige Kommentare dagegen. Alle Journalisten, die ich kenne oder lese, meinen auch, dass man Homosexuelle oder Transgender-Personen nicht diskriminieren soll. Aber ich vermute, dass es gar nicht wenige Leserinnen und Seher gibt, die noch immer finden, irgendwie sei das nicht ganz „normal“.

Nun meine ich keineswegs, dass man dem nachgeben soll. Es gibt ein Menschenrecht darauf, für sein Geschlecht, seine sexuelle Orientierung und ethnische Herkunft nicht diskriminiert zu werden. Aber derartige Unterschiede zwischen den Werthaltungen etablierter Medien und Teilen der Bevölkerung produzieren eine gewisse Kluft – und möglicherweise auch eine Entfremdung.

Ich weiß dafür keine Lösung, aber mich beschäftigt dieses Problem.

Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass es in den Redaktionen – jedenfalls der nationalen Leitmedien – relativ wenig Diversität gibt. Dort arbeiten mittlerweile zwar – glücklicherweise – immer mehr Frauen, auch in führenden Positionen, aber die meisten Redakteure sind heute urbane Akademikerinnen und Akademiker mit sehr ähnlicher Herkunft und Ausbildung, die in ähnlichen Gegenden wohnen und sich in einem ähnlichen sozialen und kulturellen Umfeld bewegen.
Tatsächlich stellt er zu recht fest: Journalist zu werden, dass muss man sich erstmal leisten können:

oft braucht es dafür die Unterstützung gut situierter Elternhäuser. Und man muss es sich leisten wollen, weshalb es Absolventen aus Jura-, Wirtschafts- oder Technikstudien, die oft auch politisch konservativer sind, meist in besser bezahlte Berufe zieht.
Aber diesen Hinweis finde ich am wertvollsten:

Der britische Autor David Goodhart sieht die wesentliche kulturelle Konfliktlinie unserer Gesellschaften ja zwischen jener Bevölkerungsgruppe, die er die Somewheres nennt und den Anywheres. Als Anywheres bezeichnet er Menschen mit Uni-Abschluss, urban, kosmopolitisch und mobil, die sehr viel Wert auf Autonomie und Offenheit legen. Die Somewheres sind Menschen, die an einem Ort verwurzelt sind, eine weniger gute Ausbildung haben und für die Sicherheit und Tradition wichtig sind. Das sind keineswegs nur Arbeiter, sondern auch Gewerbetreibende, Landwirte, Hausfrauen, Beamte.

Die meisten Journalisten – jedenfalls in den großen, nationalen Medien, vielleicht weniger in den Lokalredaktionen – sind prototypische Anywheres. Aber ein Großteil unseres Publikums sind Somewheres.
Mal drüber nachdenken: kennt ihr hauptsächlich „Anywheres“ oder „Somewheres“? Und wie sieht es bei Journalisten aus?

Plastikfrei Leben

Ihr ahnt es: die allgemeine Plastikhysterie der Medien beschwert mich – weil hier echte Probleme und Aktionismus (wo ist die Grenze zu „Aktivismus“) sowie Social-Media-Clickhurerei aufeinandertreffen und eine unangenehme Melange bilden. Ausgerechnet Patrick Bernaus Kommentar in der FAZ Bienenschützer, Plastikhasser, Öko-Narren muss ich zustimmen, darf dann aber auch davon absehen, einen eigenen Beitrag zu schreiben. Und ausdrücklich loben muss ich die Verlinkung der Themen von denen er spricht, quasi mit Quellenangabe!

Erschütternde Bilder von plastikübersäten Stränden und von Schildkröten, denen Strohhalme aus der Nase ragen, wecken das schlechte Gewissen der Europäer. Blöd nur, dass auf diesen Bildern selten Europas Kunststoffmüll zu sehen ist: Der wird meistens ordentlich entsorgt. Das Plastik im Meer stammt häufig aus Asien. Und noch blöder, dass die Alternativen aus Holz oder Bambus nicht unbedingt umweltfreundlicher sind: Sie brauchen Chemikalien zur Herstellung und mehr Energie beim Transport, um nur die größten Nachteile zu nennen.

Es gibt wenig hinzuzufügen, außer vielleicht noch das: Der Nabu macht ganz doll Presse mit einer „Studie“: 350.000 Tonnen Abfall durch Einwegprodukte – Nachschub für hysterische Medienaufmerksamkeit, und damit keiner sich die Zahl so genau ansieht, muss es natürlich der „prozentuale Zuwachs“ sein, normalerweise sind solche Angaben für mißtrauische und nicht aktivistische Journalisten ein Warnsignal.

In den vergangenen 25 Jahren stieg der Verbrauch dramatisch. So haben sich die Abfälle für Heißgetränke versechsfacht, die Abfälle für Einwegbesteck haben sich mehr als verdoppelt. Überflüssige Einwegprodukte, die viel zu oft auch in Meeren oder Flüssen landen. Systemgastronomie und Imbisse verursachen jeweils etwa ein Drittel der Abfälle – ein Umschwenken auf Mehrweg-Gebote (sic!) ist also dringend erforderlich!

Man nehme sich also ein etwas weiter – in diesem Fall 25 Jahre – zurückliegendes Referenzjahr, und schon wird alles „schlimmer“. Aus den 350.000 Tonnen Abfall werden

222.419 Tonnen Papier, Pappe und Karton sowie 105.524 Tonnen Kunststoff.

Dass die Pizzaschachtel ökologisch besonders schädlich ist, das wird keiner sagen können. Wir sind jetzt also bei rund 106.000 Tonnen. Das Umweltbundesamt gibt für 2016 an, dass insgesamt 18,16 Mio Tonnen Verpackungsabfall angefallen sind.:

Der Anteil von privaten Endverbrauchern an der Gesamtmenge betrug 47 Prozent (insgesamt 8,52 Millionen Tonnen). Das sind 103,5 kg pro Kopf. (…) Immerhin: Der Verbrauch von Kunststoffverpackungen der privaten Endverbraucher nahm minimal ab von 25 kg auf 24,9 kg pro Kopf. Dafür wurden mehr Glas- und Aluminiumverpackungen verwendet, was darauf schließen lässt, dass diese Kunststoffverpackungen ersetzen. Glas und Aluminium sind in der Herstellung jedoch sehr energieintensiv. Maria Krautzberger: „Kunststoff durch andere Verpackungsmaterialien zu ersetzen ist nicht immer ökologisch sinnvoll. Besser ist es, weniger Verpackungsmaterial zu nutzen und die Verpackungen weniger aufwändig zu gestalten.“

Gerechnet wird mit 82 Mio Verbrauchern, das bedeutet dass insgesamt 2,041 Mio Tonnen Plastikabfall von privaten Haushalten verursacht wurden. Die vom Nabu für so schlimm gehaltenen und sofortiger Aktivität des Gesetzgebers bedürfenden Einwegprodukte stellen damit 5 Prozent des Plastikabfalls dar. Da muss man ansetzen. (Immer daran denken: Der Privathaushalt ist nur für 47 Prozent des Verpackungsabfalls verantwortlich …)

 

Photo by Pawel Kadysz on Unsplash