Photo by Tingey Injury Law Firm on Unsplash

Okay, die Berichterstattung zur „Stammbaumrecherche“ der Stuttgarter Polizei hat auch mich getriggert.

Inzwischen muss sich diese Frage an die Stuttgarter Zeitung richten. Der Artikel insinuierte, unter tatkräftiger Mithilfe eines grünen Stadtrates, unanständige Suche nach Vorfahren im dritten und vierten Glied mit Migartionshintergrund.

Darum ging und geht es aber nicht, habe ich gelernt. Und da ich zunächst reingefallen bin, hier auch die Korrektur. Der Artikel wurde inzwischen ergänzt:

*Anmerkung d. Red.: In einer ersten Version schrieben wir von „Stammbaumrecherche“. In der Überschrift benannten wir es als „Stammbaumforschung“ und verwendeten fälschlicherweise das Wort mehrfach. Polizeipräsident Franz Lutz hat jedoch nicht wörtlich „Stammbaumrecherchen“ gesagt. Er sprach einer Auswertung des Sitzungsprotokolls zufolge von „bundesweiten Recherchen bei Standesämtern, um den Migrationshintergrund (einzelner Tatverdächtiger) festzustellen“. Der Begriff entstammte vielmehr einer Äußerung eines Sitzungsteilnehmers in den sozialen Medien, die wir nicht gründlich genug hinterfragt und eingeordnet haben. Daher haben wir die Überschrift des Textes und einige Passagen geändert. Für diese Fehler, die eine hitzige Debatte ausgelöst haben, bitten wir um Entschuldigung. Damit verbinden wir ein klares Bekenntnis zu journalistischer Sorgfalt und Verantwortung.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ermittlungen-zur-krawallnacht-in-stuttgart-polizei-beleuchtet-herkunft-der-tatverdaechtigen.fd052aed-4f64-4e8b-892c-c0f0e56dbdee.html

So, wer die ganze besch… Geschichte lesen will, dem empfehle ich jetzt die Kontext Wochenzeitung, wg. journalistischer Sorgfalt und Verantwortung:

Um Konkretion bemüht ist dann Kollege Franz Feyder von den „Stuttgarter Nachrichten“. In seinem Interview vom selben Tag, erschienen auf dem StN-Onlineportal, antwortet Polizeipräsident Lutz auf die Frage, wie die Stammbaumrecherchen „in die Medien“ kommen, mit folgendem Satz: „Für mich ist es sehr fragwürdig, warum der Redakteur, der als Erster berichtete (also StZN-Onliner Maier – d. Red.), meiner Pressestelle am späten Freitagnachmittag Fragen zum Thema stellte, jedoch das Dementi meines Pressesprechers nicht berücksichtigte“.

https://www.kontextwochenzeitung.de/medien/485/der-falsche-stammbaum-6873.html

So, und wer genau wissen, will, warum vor allem im Jugendstrafrecht wirklich wichtig ist, aus welchem Umfeld (!) der (vermeinliche) Täter kommt, der muss mit dem arroganten Tonfall von Thomas Fischer klarkommen, der aber gut erklärt, warum es Polizeiarbeit aber keine Stammbaumforschung ist. Etwa aufgrund dieser Regelungen im Strafrecht:

„Nach Einleitung des Verfahrens sollen so bald wie möglich die Lebens- und Familienverhältnisse, der Werdegang, das bisherige Verhalten des Beschuldigten und alle übrigen Umstände ermittelt werden, die zur Beurteilung seiner seelischen, geistigen und charakterlichen Eigenart dienen können. Der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter, die Schule und der Ausbildende sollen, soweit möglich, gehört werden.“

§ 43 Abs. 1 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG)

Fischer spitzt zu:

Man wird also sagen müssen, dass die Erkundung eines möglichen „Migrationshintergrunds“ ziemlich lege artis gewesen ist und sogar ein bisschen überobligatorisch, weil das, wenn es über die Staatsanwaltschaft und die Jugendämter läuft, auch etwas länger dauern kann. Eigentlich also nichts zu meckern! Abgesehen davon, dass es vielleicht insgesamt infrage gestellt werden könnte, ob der Staat sich für den „familiären Hintergrund“ von jungen Menschen interessieren soll und darf, oder ob das vielleicht nur bei Lehrerkindern mit schwäbischem Idiom, nicht aber bei Menschen mit unschwäbischem Vornamen erlaubt ist, wegen „strukturellem Rassismus“.

spiegel.de

Immerhin: ich habe wieder was über Strafrecht und Jugendgerichtsprozess gelernt. Und muss jetzt noch vorsichtiger bei Erregungswellen werden.

Photo by Tingey Injury Law Firm on Unsplash