Da geht der Puls hoch, die Volksseele brodelt, und schnell ist die Rede von existenzbedrohender Schikane: die Strafen für Verkehrsverstöße sind deutlich raufgesetzt worden. Unter anderem für zu schnelles Fahren, es kommt sehr flott zu höheren Strafen, Punkten, aber auch temporären Fahrverboten. Die Grenzen liegen bei 21 km/h zu viel Innerorts, 26 km/h Außerorts.
Abgesehen von einem Formfehler in der Verordnung, die nicht auf die Rechtsgrundlage verweist (arbeiten denn in den Bundesministerien nur noch Amateure?): war das nicht höchste Zeit?
Ich sage aber auch: das System der Geschwindigkeitsbegrenzungen als Ganzes und die Blitzerei gehören auf den Prüfstand. Ich würde ja als Prämisse sehen: die Autofahrer sollen dazu gebracht werden, vor allem an gefährlichen Stellen, aber auch grundsätzlich, die Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten. Es darf nicht darum gehen Bund, Ländern und Kommunen zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Der Verdacht liegt manchmal nahe.
Dabei hole ich mir „Knöllchen“ ja nicht auf meinen regelmäßig befahrenen Strecken ab, sondern wenn ich fremd bin. Da bremst eine Begrenzung die Geschwindigkeit herab, ohne dass die bis dahin mit 100 zu befahrende Bundesstraße irgendwie baulich schlechter würde, ein Wohngebiet nebenan ist oder irgend etwas sonst darauf hinweist, dass jetzt eine „Gefahrenstelle“ vorliegt, was ja die Voraussetzung der Installation sein sollte.
Die Akzeptanz des Bußgeldkatalogs und die beträchtliche Reduzierung hoher Geschwindigkeit könnte man durch folgende Maßnahmen sicherstellen:
- Das Verbot von Blitzer-Warnern wird aufgehoben. Mir leuchtet das ohnehin nicht ein: die ortsansässigen Fahrer kennen die Stellen, fahren eventuell nur dort ordentlich und geben dann wieder Gas. Nur die Ortsfremden „erwischt“ es. Vorausgesetzt das Ziel ist wirklich, das Tempo herunterzubekommen, dann tun doch Blitzerwarner genau das. Mein erstes Erlebnis mit einem Warner hatte ich beim Urlaub in Schottland. in GB sind diese Gerät erlaubt, also pingte mein Navi (für mich überraschend) auf der Autobahn weg vom Flughafen Edinburgh. Ich war mit Linksfahren und dem Gewöhnen ans Mietfahrzeug gut genug beschäftigt, aber „Ping“ machte mich auf die Geschwindigkeitsbegrenzung aufmerksam, und also hielt ich mich auch daran. Das Ziel, niedrigere Geschwindigkeit, erreicht. Was will man mehr?
- In einer zentralen Datenbank werden alle Geschwindigkeitsbegrenzungen inklusive ihrer Begründung abgespeichert. So kann ich eventuell gegen unangemessene Begrenzungen vorgehen. Bundeseinheitlich sollte geregelt sein, welche Ursachen zu welchen Begrenzungen führen. Ich will als Fahrer nicht von Stadt zu Stadt, Land zu Land immer das unterschiedliche Handling der selben Situationen haben: mal darf man in der Baustelle nur 60 Fahren (RLP gerne), oder 80 (Hessen eher locker). Bei gleicher Fahrstreifenbreite. Warum bremst Stuttgart auf der Autobahn nachts auf 90 (!) runter, angeblich aus Lärmschutzgründen, während ich links und rechts nur nachts sicher leerstehende Gewerbeimmobilien sehe, und ist 90 wirklich so viel leiser als 100, was bei Heidelberg nahe einem gut sichtbaren Wohngebiet mit Hochhäusern auszureichen scheint? Schluss mit der Kleinstaaterei.
- Mobil soll ruhig an Gefahrenstellen, in der Nähe von Schulen, Kindergärten, in Wohngebieten weiter geblitzt werden. Vielleicht kann man auch die Hinweise auf diese Blitzer verbieten. Nur: für jeden Standort muss ebenfalls begründet werden, warum er gewählt wird – damit dies im Zweifelsfall gerichtlich überprüft werden kann.
Dann ergibt der Bußgeldkatalog, auch und vor allem für Vielfahrer, mehr Sinn, und das Ziel, wenn denn wirklich Gefahrenreduzierung das Ziel ist, wird besser erreicht.
Träum weiter.
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