Ich muss dann doch meiner Fremdscham für meinen ehemaligen Arbeitgeber und das Lokalblättchen Audruck verleihen – völlig ironiefrei darf hier im Darmstädter Echo in der Wochenend(jawasdenneigentlich) eine „Pflanzenhomöopathin“ auf fast einer ganzen Seite von der wohltuenden Wirkung von Zuckerkügelchen auf Pflanzen berichten.

Darmstädter Echo 1.9.2018

Cool ist die Einschränkung, falls es dann doch nicht klappen sollte, dass die Pflanzen „noch genug Lebensenergie“ besitzen müssen, ansonsten, tja, dann hilft halt weder schütteln noch rühren.

Journalismus? Fehlanzeige. Hier die Fragen aus dem „Interview“:

Frau Dr. Zeidler, warum plädieren Sie für die Behandlung von Pflanzen mit homöopathischen Mitteln?

Wie funktioniert Pflanzenhomöopathie?

Was hilft gegen Blattläuse?

Was können wir bei Sonnenbrand und anhaltender Trockenheit für die Pflanzen tun?

Tja. Eine einzige Frage nach „welchen Beweis haben Sie über ihre Behauptung hinaus für die Wirksamkeit“ wäre ja mal was gewesen.

Vor allem da sich Frau Zeidler dazu versteigt zu behaupten, die Welternährungsprobleme könne durch die Zugabe von Zuckerkügelchen wohl eher gelöst werden als durch neue Anbaumethoden, neue Saaten, moderne Pflanzenschutzmittel:

Homöopathie einzusetzen ist für mich fast eine globale Aufgabe. Wir müssen die Menschen überzeugen mit der Anwendung von Alternativen, die keine Kollateralschäden verursachen, neue Wege zu beschreiten. Jeder kann dazu beitragen, ein neues Bewusstsein zu generieren, indem er in seinem Garten Homöopathie und andere natürliche Methoden anwendet und seine Erkenntnisse mit anderen teilt.

Die Erkenntnisse nach dem Motto: wenn es nicht klappt, dann hatte die Pflanze leider leider nicht mehr genug „Lebensenergie“.

Aber kann man solche Sätze ohne Ironie lesen?

 Das bekannteste Verletzungsmittel Arnica hilft auch der Pflanze, wenn sie umgefallen ist und einen Schaden davongetragen hat.

Arsenicum album C200 wirkt bei Schwäche von welken Pflanzen durch Trockenheit. Nehmen Sie zehn Globuli des Mittels und geben sie in eine Kunststoffgießkanne (homöopathische Medikamente vertragen kein Metall), dann dynamisieren Sie die Globuli in zehn Liter Wasser, indem Sie das Wasser mit einem starken Strahl einlaufen lassen, alternativ können die Globuli auch mit einem Holz mindestens eine Minute kräftig verrührt werden.

Man könnte auch sagen: gießen sie mal ordentlich.

 

 

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