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Wenn sich nicht alle, Medien, Politik, Verfassungsorgane, nachgeordnete Bundesbehörden, und ihre Vertreter, gegen Nazis, Hass und Gewalt, aber auch gegen die dabeistehend applaudierenden „besorgten Bürger“ klar und unzweideutig aussprechen, dann wird es so weitergehen:

 

Screenshot Spiegel Online 16.09.2018 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/harz-maenner-greifen-fluechtlinge-in-hasselfelde-und-halberstadt-an-a-1228344.html
Screenshot https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/chemnitz-buergerwehr-sechs-tatverdaechtige-festnahme 16.9.2018
Screenshot https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_84456930/chemnitzer-polizei-ermittelt-nach-angriff-auf-41-jaehrigen-tunesier.html 16.9.2018
Screenshot https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Attacke-in-Wismar-Haftbefehl-erlassen,wismar600.html 16.9.2018
Screenshot https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Attacke-in-Wismar-Haftbefehl-erlassen,wismar600.html 16.9.2018

Stattdessen drängt ein intellektuell überforderter Ministerpräsident, ein intriganter Verfassungsschutzchef und ein jenseits von Gut und Böse agierender Bundesinnenminister dem Land und den Medien eine Debatte über Begriffe auf. Hetzjagd ja/nein. Doch das ist nicht die Frage.

Ich verweise jetzt mal wieder gerne auf eine Kolumne von Thomas Fischer, dem in dieser Frage weder eindeutige Haltung noch Wortgewalt abzusprechen sind:

Zum einen ist der Wortstreit ein sensationeller kommunikativer Erfolg der rechtsradikal-nationalsozialistischen Minderheit und daher eine deprimierende kommunikative Insolvenz des von ihr bekämpften „Systems“. Intellektuell und sozial randständige Persönlichkeiten wie Bachmann, Höcke und Weidel zwingen die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaats Sachsen zu einer öffentlichen Diskussion darüber, ob man das „kurzfristige Verfolgen“ von Ausländern durch Nationalsozialisten als „Hetzjagd“ bezeichnen dürfe.

Auf der anderen Seite des Spektrums betätigt sich der Konservativen-Clown Jan Fleischhauer, und ein Chor der möglicherweise ebenfalls intellektuell randständigen Persönlichkeiten stimmt den Gesang von der „Treibjagd“ auf Maaßen an, wundervoll umrahmt vom entlarvenden Hashtag #wirdsindmaaßen von Vera Lengsfeld und Konsorten.

Die FAZ pflegt ihre konservative Indifferenz, indem einmal klar Stellung für den aktuell so verfassten Staat genommen wird (Jasper von Altenbockum), dann aber wieder „das wird man nochmal sagen dürfen“ möglichst platt (Michael Handfeld):

 Es geht um Deutungshoheit, es geht um die Machtfrage, es geht darum, wer Angela Merkel widersprechen darf und wer nicht oder ob das überhaupt jemand darf.

Darum, mit Verlaub, geht es an allerletzter Stelle.

Und wer wissen will, wie es um die FAZ steht, der lese dann nochmal diesen Kommentar zur Lehman-Pleite, einer des Herausgebers Holger Steltzner. Zum einen ist es ungeheuerlich, wie er die Schuld an der Bankenkrise der Politik, namentlich Bill Clinton zuschiebt:

Dabei stand am Anfang der Wunsch von Präsident Clinton, alle Amerikaner zu Hausbesitzern zu machen.

Das lässt jede Art vernünftiger Analysen der Krise außer acht, von denen es schon viele gegeben hat. Der Anfang der Finanzkrise ist weit früher auszumachen. Und die Frage, wer denn Clinton denn eigentlich beraten hat, in Sachen Banken und Liberalisierung, wird gar nicht erst gestellt. Einen nur ersten Einblick in den Einfluss von Goldman Sachs auf die US-Regierungen Reagan, Clinton, Bush und Obama gibt es u.a. beim Handelsblatt:

„Alle Finanzkrisen der jüngeren Geschichte wurden dadurch ausgelöst, dass eine wirtschaftliche Elite zu viel Macht bekam. Die USA unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von Schwellenländern wie Südkorea oder Indonesien.“ Harte Worte, ausgesprochen von Simon Johnson, einstiger Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Aber das ist nicht das unverschämteste an diesem Kommentar. Nein, das ist dieser Absatz:

Nie wieder Lehman! Diese Lehre zogen geschockte Politiker. Doch die Methode, multiple Schuldenkrisen mit noch mehr Schulden zu bekämpfen, hat Konsequenzen. Der staatliche und private globale Schuldenberg ist sprunghaft gewachsen, auf unvorstellbare 169 Billionen Dollar. Die Autorität der Eliten ist untergraben, weil der Finanz- und Euro-Krise schmerzhafte Sparmaßnahmen folgten. Das Vertrauen in die Rationalität demokratischer Entscheidungsprozesse litt auch darunter, dass der Souverän nicht gefragt wurde, ob mit Merkels „Willkommenspolitik“ Millionen Migranten in die EU gelockt werden sollen. Dass man angeblich Grenzen nicht schützen und der Staat nicht darüber entscheiden könne, wer ins Land kommt, zerstörte bei vielen den Rest an Vertrauen.

Echt jetzt?

Ohne die Finanzkrise wäre eine rationale Steuerung der Migration kein ernstes Problem, der Schuldenberg der Staaten kleiner, das Vertrauen in die Marktwirtschaft und demokratische Institutionen voll intakt. Es sind die Banker, die die Grundfesten des sozialen Europas erschüttert haben, und infolge dessen populistische Parteien auf dem Vormarsch sind. Jetzt wieder auf „Flüchtlinge“ zu zeigen – wie schäbig ist das denn …

 

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