Ein Beispiel für mäßige Recherche gibt übrigens der Artikel bei SPON „Wie Hamburger Hoteliers vom Aufschwung träumen“ Als Beispiel wird das marode Maritim Reichshof angeführt – ein Hotel, in dem ich früher das „Vergnügen“ hatte, manchmal abzusteigen. Da jammert der Hotelchef über zurückgehende Buchungszahlen, macht die Wirtschaftskrise verantwortlich. Freut sich, endlich mal wieder investieren zu können. Das hätte er aber schon vor 10 Jahren machen müssen – man kann ein Hotel auch in die Seife fahren, indem man an die Substanz geht, und genau das ist hier passiert. Und dann trifft einen halt der Markt: Kunden (wie ich) buchen woanders. Und jetzt muss ein Steuergeschenk aus der selbstgebastelten Patsche helfen? Wenn wenigstens Service und Kundenfreundlichkeit gestimmt hätten (kostet fast nichts), aber auch da war Fehlanzeige. Und für solche Hoteliers, die seit Jahren dringend nötige Renovierungen aufschieben, musste die Mehrwertsteuer gesenkt werden? Peinlich. Und der Artikel fragt nicht einmal danach, wann zum letzten Male Geld in die Hand genommen wurde und wohin die Gelder in der Zwischenzeit geflossen sind. Oder dass manche Läden halt dichtmachen müssen, wenn sie so mit ihrer Substanz umgehen. Stattdessen wird brav abgeschrieben, was einem die Hotelchefs ins Blatt diktieren – das ist ein bisschen wenig. Das Motto ist aber: hauptsache gegen den Mainstream angeschrieben – leider ebenfalls: substanzlos.

Das Generve der Kommunen über das „Wegbrechen der wichtigsten Einnahmequelle: der Gewerbesteuer“ geht mit (nicht nur bei SPON) ebenso auf den Keks. Denn das Gejammer kennen wir schon – auch Anfang des Jahrtausends wurden tränenrührende Artikel über die armen Kommunen geschrieben. Als es dann wieder besser lief, verschwand das Thema von der Tagesordnung. Dabei ist vollkommen klar: ausgerechnet die Gemeinden vor Ort haben eine Finanzierungsquelle, die wie kaum eine andere Konjunkturellen Schwankungen unterliegt. Während das Mehrwertsteueraufkommen, ja fast alle indirekten Steuern schön stetig fließen, sind ausgerechnet die kleinsten staatlichen Wirtschaftseinheiten ziemlich direkt vom Wohl und Wehe der Unternehmen abhängig. Doch als die Gewerbesteuer wieder sprudelte, da ließen die Kommunen das Thema schleifen, auch wenn vollkommen klar war: bei der nächsten wirtschaftlichen Krise ist das Jammern wieder groß. Dabei kann man an diese Steuer nur in Zeiten ran, in denen sie vergleichsweise gut läuft. Dann kann man sich einen Ersatz dafür einfallen lassen und einbauen. Doch dann hat man ja den Druck nicht mehr. Also lieber wieder jetzt losheulen und klagen. Das ist: langweilig.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,670616,00.html