Es ist eine von diesen vielen Mitteilungen zum Thema Lebensmittelsicherheit, die uns fast jeden Tag erreichen, und auf die das Publikum inzwischen eher abgestumpft reagiert. Antibiotika in Wurstwaren, melden die GRÜNEN. Ich weiß eine Reihe ihrer Untersuchungen zu schätzen, etwa zu den Gewinnen der Energiekonzerne in den letzten Jahrzehnten oder zu den Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer.

Hier heißt es jetzt:

„Von 63 Wurst- und Schinkenproben wurden auf 10 Produkten ESBL-bildende Bakterien nachgewiesen (16 Prozent). Bei den Wurstwaren sind besonders die Mettprodukte (Mettbrötchen, Zwiebelmett) auffällig. Hier haben wir in 22 Prozent der Proben ESBL-bildende Bakterien gefunden (8 Proben von insgesamt 36).“

Das klingt schlimm, schlimm, schlimm. Und daher war das auch ideales Medienfutter. Hier mal die Googlesuche dazu.

Screenshot 28.5.2014Also: großes Bohei. Wie bei jeder Lebensmitteluntersuchung. Bis ich dann den Artikel bei der ZEIT gelesen habe und jetzt wieder einmal weiß, warum es gut ist. Journalisten zu haben.

„Auch ist die Quote positiv getesteter Wurstproben mit 16 Prozent nicht mal so alarmierend, wie etwa die Ergebnisse niederländischer Forscher zu Hühnerfleisch: „Darin finden sich zum Teil in etwa 90 Prozent der Proben resitente Keime, die Resistenzenzyme produzieren“, sagt der Mikrobiologe und Arzt Ivo Steinmetz vom Friedrich-Loeffler-Institut an der Uniklinik Greifswald. Er hatte im Sommer vor zwei Jahren mit Wissenschaftlern der Charité in Berlin und dem Robert-Koch-Institut erstmals deutsches Hähnchenfleisch gezielt auf ESBL untersucht (Kola, Steinmetz et al., 2012). Das Ergebnis: Mehr als 40 Prozent der Proben wiesen resistente Keime auf. „

Was bedeuten könnte: das Thema ist nach wie vor wichtig, der Aufhänger aber eher so mindergut.

Und es bedeutet auch: die wichtigsten Werkzeuge eines Journalisten sind

  • sein Misstrauen: ist eine Meldung eine Neuigkeit oder wieder mal so gemacht, dass die meisten sie für eine Neuigkeit halten,
  • seine Fähigkeit, Zusammenhänge herzustellen,
  • sein Gedächtnis – gab es da nicht mal schlimmere Zahlen?
  • und sein Archiv – das wird wieder wichtiger werden, wenn Google demnächst Dinge vergisst.

Sonst stumpft das Publikum einfach weiter ab.