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Mit der NZZ habe ich ja manchmal meine Probleme, vor allem was die Deutschland-Berichterstattung angeht. Wen Maaßen lobt, der kann nur suspekt sein. Und das sind sie auch häufig, allerdings ist der hier gepflegte liberale Konservatismus häufig doch ein bisschen cleverer als der der WELT. DJ Ulf Poschard versucht ja in Wahlkampfzeiten jede Niveaulinie zu unterqueren.

Aber dieser erste Link zu seinem sehr langen Artikel aus NZZ Folio – der beschäftigt mich sehr:

Der Artikel hat die Überschrift Warum wir glauben, was wir glauben wollen

Wer der Meinungsbildung ins Getriebe schaut, stösst auf Widersprüche ohne Ende. Der grösste: Die Meinung zu ändern finden wir grossartig – solange es die anderen tun. Wir verstehen alle, dass ein gemeinsames Verständnis der Welt für das Zusammenleben wichtig ist. Und dazu gehört immer wieder, dass wir im Licht der Fakten unseren Standpunkt ändern. Eigentlich müsste uns jede neue Information schmerzfrei davon überzeugen können, dass wir falschlagen. Doch wer kann sich an ein Gespräch erinnern, in dem die Worte fielen, «gut, dass du mir das sagst, da muss ich sofort meine Meinung aufgeben». Haben wir nicht schon alle gedacht, die Welt wäre eine bessere, wenn gewisse Leute ihre Meinung ändern würden? Und waren diese Leute ohne Ausnahme nie wir selber?

https://www.nzz.ch/folio/warum-sie-nie-recht-haben-ld.1612968?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Es ist eine Sichtung sehr vieler Studien, vieler Experimente – und am Ende geht es sehr häufig darum, wie wir Informationen finden, sortieren und verarbeiten. Das ist sehr Meta, und sehr erhellend, nahezu auf jedem Gebiet.

Die meisten Leute glauben Dinge zu verstehen, von denen sie keine Ahnung haben. Dabei ist es nicht so, dass sie bewusst aufschneiden, sie erliegen tatsächlich der Illusion, etwas zu verstehen, was sie nicht verstehen. Erst wenn sie eine genaue Erklärung liefern sollen, bricht ihr oberflächliches Wissen in sich zusammen. «Ich ahnte nicht, wie wenig ich über diese Dinge wusste, bis ich sie zeichnen musste», kommentierte ein Proband seine Veloskizze. Die instinktive Selbstüberschätzung zeigt sich während der Corona-Pandemie besonders spektakulär. Menschen, die Polymerase Chain Reaction noch nicht einmal buchstabieren können, fühlen sich berufen, ihre Meinung zu den PCR-Tests in die Welt hinauszuschreien. Dabei spielt auch der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt mit: Inkompetenten Menschen fehlt leider auch die Kompetenz, ihre Inkompetenz zu erkennen.

ebd.

Wer sich da zurücklehnt und „ich habe es ja gewusst“ sagt, der ist wahrscheinlich ebenso in diesem Effekt gefangen – so geht es auch mir. Ich habe schon viel zum Thema Framing, Kognitionsforschung und Medienwirkungstheorie gelesen. Es aber nicht studiert. Auch mein Halbwissen steht da immer in Gefahr, zusammenzubrechen.

Daher versuche ich hier auch nur über die Sachen zu schreiben, die ich sicher kenne: Mechanismem im Journalismus, die sehr unabhängig vom eigentlichen Thema gelten.

Eigentlich hatte schon der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck gewusst, dass es ein Fehler sei, «bei jedem Andersmeinenden entweder an seinem Verstand oder an seinem guten Willen zu zweifeln». Doch unglücklicherweise kann niemand dem naiven Realismus entfliehen. Er ist wie eine optische Täuschung: Selbst wenn wir das Phänomen gedanklich erfassen, geht die Illusion nicht weg.

ebd.

Kurz: ich empfehle diesen Artikel auf das Nachdrücklichste.

Auch aus der NZZ: Eine Geschichte zum Wegbereiter der Corona-Verschwörungstheorien Daniele Ganser, Gansers Jünger.

Nach dem Vortrag bildet sich vor dem Signiertisch eine Schlange. Ich versuche, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Aber wenn ich mich als Journalistin vorstelle, will keiner reden, weder trainierte Mittzwanziger noch ältere Ehepaare in Anoraks. Also verschweige ich es. Eine Frau in der Schlange raunt, neben ihr sei ein Journalist im Publikum gewesen. «Ah, woran haben Sie denn das erkannt?» – «Der hat so komisch geschaut. Und nicht mitgelacht.»

https://www.nzz.ch/gesellschaft/wie-daniele-ganser-der-corona-skepsis-den-boden-bereitete-ld.1598675

China gegenüber kann man gar nicht genug misstrauisch sein. China versucht, Deutschland mit der Einheitsfront aufzurollen

Zu den «fünf Giften», die aus der Sicht der Volksrepublik das Machtmonopol der Kommunistischen Partei infrage stellen und die Einheit des Landes bedrohen, zählen die chinesischen Behörden Tibeter, Uiguren, die Falun-Gong-Bewegung, Demokratieaktivisten und Befürworter der Unabhängigkeit Taiwans.
Jüngst sind, um im Jargon des Regimes zu bleiben, Exponenten der Demokratiebewegung in Hongkong als «sechstes Gift» dazugekommen. Vor allem die Uiguren sind in Deutschland auf dem Radar Pekings, die Zentrale ihres Weltkongresses befindet sich in München.
Wie ein Schäferhund seine Herde umkreisen chinesische Offizielle auch die 150 000 Menschen zählende chinesische Diaspora in Deutschland. Sie ist ein wesentlicher Baustein im Einheitsfront-Ansatz Pekings, mit Soft Power Oberhand in den China-Narrativen in Deutschland zu gewinnen (Hamilton und Ohlberg nennen das im oben erwähnten Buch «Gedankenmanagement»).

https://www.nzz.ch/international/china-rollt-deutschland-mit-der-einheitsfront-auf-ld.1593293

Die Kontext-Wochenzeitung gehört in der Wochenend-taz zur absoluten Pflichtlektüre. Zwei Beispiele:

Die Bundesanstalt für Finanzbetrug

Der deutschen Banken- und Finanzaufsicht glückt ein kaum für möglich gehaltenes Kunststück. Sie hat noch mehr Skandale zu verantworten als der Verfassungsschutz. Statt kriminelle Machenschaften aufzudecken, steht sie bei Raubzügen Schmiere.

https://www.kontextwochenzeitung.de/wirtschaft/529/die-bundesanstalt-fuer-finanzbetrug-7508.html

Die Anstalt mit etwa 2.700 Beschäftigten hat durchaus Erfahrung mit kreativen Interpretationen – und ihr konsequentes Versagen lässt sich quantifizieren. 71 Fälle von Finanzkriminalität, die der BaFin entgangen sind und bei denen jeweils ein Schaden von mindestens einer Millionen Euro – und teils auch mehreren Milliarden – entstanden ist, hat der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold auf seiner Website zusammengetragen; die Auflistung, die sich auf die Jahre zwischen 2007 und 2020 bezieht, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Kein einziges Mal hat die BaFin dabei die Aufklärung angestoßen. Stattdessen fällt ihr Personal dadurch auf, mit Insiderwissen auf Aktienmärkten zu zocken, Enthüllungsjournalisten zu verklagen oder illegale Praktiken von Banken vor Gericht zu verteidigen.

ebd.

Und aus der Vorwoche: In bester Lage – Mafia am Bodensee

Schon zuvor hatte die Turiner Oberstaatsanwältin Anna Maria Loreto darauf hingewiesen, dass auch in Deutschland Gelder aus dem Drogenhandel investiert worden sind. „Die Ermittlungen haben eine weit verbreitete ‚Ndrangheta gezeigt, die sich Gewaltakten enthält und der es darum geht, sich in der Wirtschaft breitzumachen und Gelder aus kriminellen Aktivitäten zu investieren.“ Diese Investments stützten die mafiöse Macht und schädigten die gesunde Wirtschaft.

https://www.kontextwochenzeitung.de/wirtschaft/528/in-bester-lage-7488.html

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