Foto von <a href="https://unsplash.com/@vourou?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText">Kostas Vourou</a> auf <a href="https://unsplash.com/de/s/fotos/wrecked-hightower?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText">Unsplash</a>

Wo soll man anfangen. Ein Kaleidospkop:


Zuweilen, vor allem bei den Szenen im Chateau Marmont, geht mir die aufgeblasene, von der eigenen Wichtigkeit überzeugte Sprache auf den Keks. Später aber scheint sie nur ablenken zu wollen von der Leere dieses Lebens. Auch wieder traurig und als Ferndiagnose sicher unfair.

Wie der Ich-Erzähler seinen Freund vor den Bus wirft, entlarvt, blamiert, königshaft entkleidet, das erscheint mir streckenweise höchst brutal. Gegen Ende findet sich angedeutet eine Erklärung dafür, wie der Freund zum Ex-Freund wurde.

Es ist auch, oder vor allem(?), die Geschichte von Abhängigkeit, Sucht und dem schweren Weg da raus. Selbsthilfegruppen spielen eine große Rolle.

An anderen Stellen wird überragend erzählt: bei einer Rohbaubesichtigung etwa. Da und später werden Worte auf die malmsheimerische Art so weit ins Kenntliche gewendet, Phrasen entlarvt, Plattitüden seziert, dass es eine Freude ist.

Die Beobachtung von Managementsprech, pseudo-jugendlichem Startup-Slang, verbunden mit der Frage, wer dafür die Verantwortung trägt – das zeichnet einen scharf blickenden adleraugen-Erzähler aus.

Wer sich hinstellt und sagt: hätte er doch mal die Frauen das alles selbst erzählen lassen, der hat das Buch nicht wahrgenommen, gelesen: im letzten Drittel, etwa in „Verdachtsberichterstattung“ wird klar, warum das alles so und nicht anders passiert, und es „natürlich“ ein fiktionales Werk ist. Wer sich heute mit Springer und BILD anlegt, der oder die haben immer noch meinen höchsten Respekt – aber sicher gibt es Gründe, dass in all den Jahrzehnten „offener Geheimnisse“ niemand, keiner, selbst die mit den nötigen Ressourcen ausgestatteten, die angeblich so sensiblen oder investigativen, dass literally kein Schwein das Ganze früher öffentlich gemacht hat.

Daher ist diese Art Kritik am Roman vor allem mehr oder weniger wohlfeil.

Stuckrad-Barre liest das ganze hervorragend, Hörbücher verhindern Unterstreichungen und Notizen, aber dafür habe ich das Buch (okay, ist nicht so lang) binnen drei Wochen in meinem Zeitbudget untergebracht.

Auch wenn ich mich ernsthaft frage, ob der Dialogslang aus coolem englisch/denglisch und „Alter, Mann, Digga“ wirklich so gesprochen wird – ich bin dann doch einfach nur Provinz.

Klare Empfehlung. Ergänzend (zum Glück: ergänzend) im Augenblick der Podcast „Boys Club„. Danach kann man sich wieder den schönen Dingen zuwenden – hauptsache man bleibt von Springer abgewendet.

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