By: Eva-Maria Vogtel

Die Veröffentlichung der Studie der GRÜNEN zum Thema Obsoleszenz (hier die Meldung der GRÜNEN Bundestagsfraktion, hier das PDF) hat für mächtig Rauschen im Blätterwald und in den Onlinemedien geführt. Meine Zweifel an dem Thema habe ich ja bereits versucht zu artikulieren.

Schon auf der Webseite der GRÜNEN finden wir das berüchtigte Stilmittel des „Immermehrismus„, das ja inzwischen nicht nur Medien, sondern auch die, die Medien füttern, intensiv nutzen.

„Wir verbrauchen immer mehr Rohstoffe, auch weil Geräte immer schneller kaputt gehen“

Meine Antwort auf solche Aussagen ist dann immer das loriot’sche: „Ach was“.

Dazu gibt es keine empirische Erhebung, die vorgestellte Studie leistet das auf jeden Fall nicht.

Was sie noch so alles nicht leistet, das stört viele Medien nicht – allerdings auch deswegen, weil sie nur mit Informationshäppchen gefüttert werden und kaum in der Lage sind, komplette lange Texte, und das auch noch kritisch, zu lesen. Wozu das führt?

Die Welt behauptet Online als „Ergebnis der Studie“: Elektronik-Hersteller planen Defekt ihrer Geräte. Journalistisch traurig: sie beziehen sich dabei nicht direkt auf die Studie der GRÜNEN sondern verweisen auf die „Saarbrücker Zeitung“, die die Studie zitiert. Diese Zitierkartelle sind schlicht und ergreifend der miserablen journalistischen Ausstattung der Redaktionen geschuldet, die nicht mehr in der Lage sind, trotz diesem Internet und allem, selbst einen Blick auf Quellen zu werfen, sondern schnell, schnell, schnell einen Artikel zusammenhacken müssen. Als Quelle werden dann auch „AFP/gae/lw“ angegeben, AFP ist ja bekannt für tolle Nachrichtenagenturqualität, und auch die beiden Journalisten die noch dransaßen haben die Lage wohl nicht besser gemacht. Die Studie bleibt den Beweis eines vorsätzlich geplanten Defekts auch schuldig. Es heißt da:

Diese Methode scheint heute sehr weit verbreitet zu sein. Inwieweit hier bewusster Vorsatz vorliegt oder es sich um Marktzwänge handelt (siehe unten), ist häufig schwer zu beurteilen. (Studie, S. 13)

Ich verweise auf „scheint“ und „schwer zu beurteilen“.

Dass es auch von der Welt besser geht, das zeigt Welt kompakt Der geplante Defekt, hier haben wir mehr journalistische Distanz und das Befragen der „Gegenseite“. Ein bisschen mehr Skepsis tut uns allen gut, vor allem wenn es um Dinge geht, die „klar auf der Hand liegen.“

Wie übergeigt die BILD berichtet, das hat dann noch das Bildblog dokumentiert:

Auch im Artikel gibt sich „Bild“ eher kleinlaut. Das Gutachten „bestärke“ die „böse Vermutung“ der Verbraucher, heißt es vage. Von „Beweis“ oder „Bestätigung“ ist, anders als bei Bild.de, keine Rede. Und auch die angebliche Verschwörung der Hersteller wird im Print-Artikel allenfalls angedeutet.

Ist übrigens auch bemerkenswert, dass das häufig von mir kritisierte SPIEGEL-Online-Angebot auch durchaus journalstisch mit dem Thema umgeht.

Ich habe jetzt das Buch „Kaufen für die Müllhalde“ hier und die Studie gibt es ja als PDF. Sobald ich Zeit und Muße habe nehme ich mir beide mal vor.

Update 3.4.2013: Auch in der Technology-Review und bei Heise gibt es nun Artikel zum Thema. Der Anreißertext bei Heise kommt wieder etwas reißerisch daher :

Ausschnitt heise.de vom 3.4.2013„Jetzt formiert sich Widerstand“ kling a. recht martialisch, und b. journalistisch aktionistisch Aktualitätsbezogen. Denn den Widerstand gab es ja schon länger.

Auf das Projekt des Umweltbundesamtes bin ich natürlich gespannt.