By: Paul Keller (CC BY 2.0)

Und wieder ist es so weit – wie viele alljährliche Statistiken kommt der Neuwagenpreisverlust wieder auf den Markt.Immer eine gute Gelegenheit für Schwacke & Co. auf die eigenen Zahlen zum Gebrauchtwagenmarkt aufmerksam zu machen. Das schöne für alle Gebrauchtwagenfahrer: über die dämlichen Neuwagenkäufer lachen zu können. Lachen und lachen und lachen. (Okay, ohne Neuwagenkäufer gibt es keine Gebrauchtwagen, aber das ist nur ein kleiner Schönheitsfehler).

Doch, wie das so ist, gehen alle diese Wertverlustrechnungen davon aus, dass der Käufer den Listenpreis zahlt. Da lachen dann mal die Neuwagenkäufer, denn wer das tut, der muss ja wohl einen an der Klatsche haben.

Dabei wechseln sich doch die Berichte von den Wertverlusten munter ab mit den Berichten über die Rabattschlacht, die auf dem Neuwagenmarkt so toben. Etwa hier, auch SPON. Danach kommen die 30 meistverkauften Autos in Deutschland mit einem Rabatt von 20,1 Prozent „unter den Hammer“, Trick: Tageszulassungen, junge Gebrauchte, Dienstwagen, Vorführmodelle. Aber auch ganz einfach so: Rabatt.

So.

Wie sieht denn die Rechnung dann aus, wenn am Ende nach drei Jahren und 60.000 Kilometern weniger als die Hälfte des Listenpreises noch für ein Fahrzeug erlöst werden kann? Sagen wir mal, der Wertverlust beträgt 55 %.

Bei einem Listenpreis von 22.000 Euro bleiben 9.900 Euro an Marktwert übrig.

Hat man aber den Rabatt von 20 Prozent bekommen, dann beträgt der Anschaffungswert 17.600 Euro. Bekommt man, wie ich zuletzt über ein Online-Autohaus, rund 30 Prozent, dann bleibt ein Neupreis von 15.400 Euro

Der Wertverlust: im Normalfall (1): 7.700 EUR = 35 Prozent. Oder mit dem ordentlichen, sicher aber nicht bei jedem Fahrzeug erzielbaren Rabatt (2): 5.500 Euro Verlust, macht 25 Prozent.

Ist immer noch viel. Aber nicht mehr so doll wie „das Auto ist jetzt nur die Hälfte wert“.

Kommen wir zum Thema Unterhaltskosten.

Auch dazu gibt es „Berechnungen“. Die hat etwa der ADAC für gaanz viele Autotypen gemacht. Hier. Schauen wir uns mal ein Auto an, das ich so kenne, etwa den Citroen Berlingo, der kostet auch so etwa das og. Rechenbeispiel.

Die ADAC-Liste nimmt bei diesem Auto bei 4 Jahren Besitz und ebenfalls 60.000 Kilometern (scheint beliebt zu sein, macht also eine etwas geringere Jahreskilometerleistung) an, dass Werkstattkosten in Höhe von 42 Euro pro Monat anfallen. Für Ölwechsel, Inspektion, Verschleißteile (Bremsen, Batterie, Auspuff, Glühlampen, Reifenersatz) und dazu eine „Reparaturkostenpauschale“ ab einer Haltedauer von drei Jahren oder mehr als 80.000 km (letztere dürfte es im angeführten Rechenbeispiel ja nicht geben).

Macht über die drei Jahre, die Frist für den Wertverlust, 1.512 EUR Kosten für die Werkstatt. Für die ADAC-Haltefrist von 4 Jahren sind es 2.016 EUR.

Echt?

Wie das mit Durchschnittswerten so ist: sie lügen. Gehen wir davon aus, dass die Masse der angesetzten „monatlichen“ Werkstattkosten am Ende der 4-Jahres-Frist entstehen. Vor allem aus einem Grund: die Gewährleistung des Herstellers, dazu kommt eventuell noch eine Garantie. Der Kunde darf für 24 Monate mal sicher davon ausgehen, dass alles außer Wartung und Verschleiß vom Hersteller zu tragen ist.

Ich behaupte daher: für die ersten drei Lebensjahre darf man gerne zweimal Inspektionskosten ansetzen (wobei die Intervalle ja inzwischen sehr weit geworden sind, bei meinem Auto etwa 2 Jahre und 30.000 km). Die Inspektion eines Berlingo kostet inkl. Öl und div. Filter 260 EUR. Macht also 520 EUR.

Der Kostenvorteil der Garantie liegt also etwa – jetzt wirds schwammig – bei 1.000 Euro. Batterien, Auspuff, Bremsen – das wird alles jenseits der 60.000 km fällig, wenn man einigermaßen ein Durchschnittsauto fährt.

So, jetzt rechnen wird den Garantie-Gewährleistungsvorteil noch gegen den Wertverlust. Bleiben 6.700 bzw. 4.500 Euro. Damit sind wir bei 30 Prozent bzw. 20 Prozent Wertverlust. Pro Jahr zwischen 2233,33 Euro und 1.500 Euro. Auf die Jahreskilometerleistung umgerechnet: zwischen 15 und 10 Cent.

Was will ich damit sagen?

Neuwagenkäufer werden als Hohlköpfe belächelt, die nicht rechnen können. Ich denke aber, dass sie ein Gefühl dafür haben, dass an diesen „Wertverlust“-Schreckensmeldungen nicht allzuviel dran ist. Die Lebenserfahrung zeigt etwa, dass man mit einem Gebrauchten immer ein Risiko einkauft (beim Kauf vom Händler ist das etwas geringer). Dass bei 80.000-100.000 km ein teurer Zahnriemenwechsel kommt, dass ab da der Auspuff und, teurer das, der Kat Sorgen machen kann, dass man darauf angewiesen ist, dass der Vorbesitzer brav seine Inspektionen gemacht hat. Usw. Usf.

Und Werkstattaufenthalte kosten nicht nur Geld sondern auch organisatorischen Aufwand durch Terminabsprachen, Ersatzfahrzeugbeschaffung etc.

Die Lage ist also wesentlich komplizierter als es die einfachen Meldungen so suggerieren. Und „durchgerechnet“ werden kann der Spaß wirklich nur ganz schwer. Es sind individuelle Entscheidungen, für die es immer Gründe gibt. Lieber gebraucht kaufen als mit Zinskosten finanzieren, nur als weitere Variable im Spiel.

Wir sollten nur damit aufhören, Neuwagenkäufer milde für ihren schlechten finanziellen Sachverstand zu belächeln.