By: Windell Oskay

Ich werde hier von Zeit zur Zeit meine Recherche-Links zu verschiedenen Themen, mit denen ich mich gerade journalistisch beschäftige, veröffentlichen.

Eines davon ist das Phänomen der geplanten Obsoleszenz – der angeblich von den Herstellern von Gebrauchsgütern eingebauten Begrenzung der Lebenszeit von Produkten. Das ist durch technische Maßnahmen herstellbar, etwa wenn Zahnräder nicht mehr aus Metall sondern aus Plastik sind, ebenso Aufhängungen der Trommel bei Waschmaschinen oder Ähnlichem.

Aus eigener Erfahrung oder im Bekanntenkreis gibt es immer wieder das Phänomen, das Produkte kurz nach Ende der Garantie- oder Gewährleistungszeit defekt sind – und unser Verschwörung witterndes Gehirn ist geneigt der These glauben zu schenken, dass da nur Absicht dahinterstehen kann.

Bei der Recherche zum Thema muss ich allerdings konstatieren, dass der Nachweis darüber, dass diese Produktschwächen absichtsvoll eingebaut werden, um die Lebenszeit der Geräte zu verkürzen, anscheinend nicht zu führen ist. An dieser Stelle wird immer das Phoebus-Kartell der Glühlampenhersteller vom Anfang des letzten Jahrhunderts angeführt, aber das ist nochmal ein anderes Thema.

Wer nun im Netz und in Zeitschriftendatenbanken recherchiert, der stößt auf immer gleiche Beispiele, und auch auf immer gleiche Quellen.

Eine zentrale Quelle ist murks-nein-danke.de, ein Blog und eine Webseite mit sicher ehrbarem Anliegen und Anspruch, Beispiele für geplanten Ausfall zu sammeln. Wie man das aus dem eigenen Leben und den Erzählungen aus dem Freundeskreis kennt: irgendwas ist immer. Nicht alle eingegangenen Beispiele sind wirklich eindrucksvoll. [Manch Artikel oder Webseite sagt sinngemäß: „Melden Sie ihre Geschichte auf Webseiten wie murks-nein-danke“, doch andere Webseiten zum Thema habe ich gar nicht gefunden …]

Überproportional häufig sind Tintenstrahldrucker vertreten. Diese Teile sind wirklich ein Ärgernis, scheint es, aber das könnte auch mit der Neigung der Nutzer zu tun haben, hier wirklich das Billigste vom Billigen zu kaufen (Okay, die Hersteller verdienen ihr Geld auch lieber mit der Tinte) so dass tatsächlich aus Kostengründen nur billigste Bauteile verbaut werden. Nicht wenige Nutzer berichten auch von Problemen „obwohl sie nur wenig gedruckt haben“ – aber das ist bei Tintenstrahldruckern ja ein Problem für sich, dass sie für den seltenen Einsatz nicht taugen, weil Tintenreste im System eintrocknen (nicht dass das beim Kauf einem jemand sagen würde …)

Es gibt noch ein weiteres logisches Argument das dafür spricht, dass es einfach die Billigbauweise ist, die Tintenstrahldrucker versagen läßt: eben dass die Hersteller das Geld mit der Tinte verdienen. Sie müssten ja eher ein besonders großes Interesse an einer möglichst langen Lebensdauer der Geräte haben, denn mit jedem Defekt sinkt die Chance, mit dem Kunden weiter gute Tintengeschäfte zu machen. Es ist also vollkommen unlogisch, gerade bei Tintenstrahldruckern, die Nutzungsdauer künstlich zu verkürzen.

Darauf bin ich, muss ich zu meiner Schande gestehen, nicht selbst gekommen, sondern durch ein einzigen kritischen Artikel zum Thema Obsoleszenz, den ich gefunden habe: in der NZZ Sonntagszeitung.

Der müsste Ausgangspunkt für alle Recherchen aller Journalisten sein, die bereit sind, sich etwas mehr mit dem Thema zu beschäftigen.

Weiteres Beispiel sind Flachbildfernseher, hier sind häufig zu klein dimensionierte Elkos Grund für den Ausfall, und häufig genug denken die Kunden gar nicht darüber nach, das Gerät reparieren zu lassen, und ein Platinentausch kommt teuer – Schrauber, die den Lötkolben schwingen, sind selten, und meist ist auch nicht dokumentiert, welcher Widerstand denn eingelötet werden muss. Zeugen für diese Masche sind vor allem Fernseh-Reperaturdienste – denen geht es wirtschaftlich schlecht, die mögen die Entwicklung eh nicht, weil sie früher bei der Röhre noch viel mehr selber machen konnten – ein Beruf wird abgewickelt – wie so viele.

Aber sonst so? Systematische Alterung: journalistisch gesehen fehlen mir evidente Studien, Tests, Untersuchungen unter Laborbedingungen. Viele unterschiedliche Quellen.

Bei den Fernsehern fällt mir auf.

  1. Die Preise sind in den letzten 20 Jahren aber so was von gesunken. Wer früher ein Markengerät haben wollte, 60 cm Bildröhre, vielleicht Stereo, der war gut und gerne mit 1.500-2.000 Mark dabei. Heute gibt es Riesenteile ab 800 Euro, kleine Diagonalen ab 250 Euro.
  2. Diese Röhrenfernseher haben eigentlich immer nach ein paar Jahren angefangen unangenehm zu summen und zu sirren – hätte niemand einen Kundendienst bestellt, denn das waren ganz normale Alterungserscheinungen, hatte ja jeder. Wäre heute schon ein Knockout-Kriterium erster Güte.
  3. Es gibt einfach keine belastbaren Zahlen dazu, wie lange ein TV-Gerät heute im Einsatz ist. Das Hauptgerät wandert ins Kinderzimmer, die Diagonale muss größer werden, wie wäre es mit 3D – sind Defekte oder gestiegene Ansprüche der Kunden an das neueste Modell der Grund dafür, dass TV-Sets ausgemustert werden?
  4. Empfindlich sind TV-Geräte und deren Elkos in Sachen Wärme – was wir nicht wissen, ob die Aufstellanleitung des Herstellers immer schön beachtet wird und genug Platz für die Abwärme bleibt. Ich denke: meist nicht. Das geht dann zu Lasten der Lebensdauer des Geräts – und auf die Kappe des Nutzers.
  5. 2006 war ein Boomjahr des Flachbildgeräteverkaufs in Deutschland. Gäbe es den eingebauten Verfall, so müsste doch spätestens jetzt eine Wutwelle durch Deutschland branden.

Bei Waschmaschinen ist der Preisverfall ähnlich deutlich: die technischen Daten von Maschinen, die heute rund 350 Euro kosten wurden vor 10 Jahren nur von wenigen Spitzenmodellen erreicht. Doch 1400-1600 Touren Schleudergang sind nunmal extrem materialbelastend. Ebenso die Steigerung des Beladungsgewichts auf bis zu 8 kg. Geht das für so kleines Geld oder ist der Kunde selber schuld, wenn er denkt, dass ein solches Gerät dann zwanzig Jahre hält? Allerdings: selbst bei den Topmodellen dürften die 20 Jahre von früher auch kaum noch zu erreichen sein. Es sei denn, man wäscht so wenig wie manche Oma. Da steht die Miele im Keller und will einfach nicht kaputtgehen – bei 1,5 Waschgängen pro Woche. Ist eine andere Belastung als bei der Familie, in der die Maschine so oft am Tag läuft.

Zurück zum Unbehagen: Ich finde eigentlich immer nur rekursive Rechercheschleifen, man kann manchmal zusehen, wie der eine beim anderen „Inspiration“ sich abholt. Aber wie ist das Thema wirklich, journalistisch sauber einzuschätzen.

Ich bin eher ratlos.

Ich stecke dabei allerdings in der ersten Recherchephase, der Webrecherche, würde ich jetzt Geld dafür bekommen, müsste ich jetzt viel telefonieren. Und anschließend vielleicht Menschen treffen. Um sie einzuschätzen.

Gerne würde ich mich da mit Herrn Dr. Neef, ehemaligem Vize-Präsident der TU Berlin unterhalten, der von den VDI-Nachrichten interviewt und dann vom Berliner Kurier zugespitzt zitiert wird:

BERLINER KURIER: Die Schmiede der Pfuscher

 Die renommierte Technische Universität Berlin ein Hort der Pfuscher? Wo Ingenieure lernen sollen, lange Geräteleben zu konstruieren, darf die Industrie Pfusch als „hohe Kunst“ deutscher Wertarbeit vermitteln!

Es ist der ehemalige Vizepräsident der TU selbst, Dr. Wolfgang Neef, der dies erschütternd in einem Interview enthüllt: „In der TU Berlin vermitteln Lehrbeauftragte aus der Industrie, dass man zum Beispiel Getriebe oder IT-Geräte s

Hier das zugrundeliegender Original-Interview http://www.vdi-nachrichten.com/artikel/Wachstum-ist-mit-Glueck-nicht-identisch/57388/4

Wie das nunmal so ist im Journalismus: ein Zitat geht um die Welt. Aber immerhin macht mich die Stellungnahme von Dr. Neef auf murks-nein-danke.de wieder etwas optimistischer was die Zukunft der Zunft angeh. Er schreibt an den Berliner Kurier:

Sie haben aus einem einzigen Satz ohne eigene Recherchen einen Reißer fabriziert. Hätten Sie mich wenigstens angerufen, hätte ich Ihnen eine wesentlich differenziertere Auskunft gegeben. Ich habe aufgrund des VDI-Nachrichten-Interviews viele Anrufe von Journalisten erhalten und allen erklärt, dass es hier nicht um eine einzige Uni geht, sondern um ein System, nämlich um die fast absolute Dominanz von Betriebswirtschaftlern in den meisten Unternehmen.

Der Soziologe Neef „differenziert“, was sein gutes Recht ist. Andernfalls wäre sicher mal ein Journalist mit versteckter Kamera in eines der Seminare gekommen, wo systematisch Oboleszenz gelehrt wird. Differenziert bedeutet: BWLer hindern Ingenieure daran, optimale Produkte unter ingeneurwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu schaffen. Das ist wohl so. Da denke ich dann wieder an das Beispiel aus dem bereits verlinkten Artikel der NZZ:

Ein Hersteller muss sich daher genau überlegen, welches Marktsegment er anvisiert und welche Belastungen ein Produkt über seine Lebensdauer aushalten muss. Einem Heimwerker wird man keinen Profi-Akkuschrauber für 350 Franken verkaufen, einem Handwerker nicht das Modell für 30 Franken aus dem Baumarkt. «In amerikanischen Haushalten gibt es 80 Millionen Bohrmaschinen», sagt Meboldt. «Die durchschnittliche, effektive Nutzungsdauer dieser Geräte vom Kauf bis zur Entsorgung beträgt etwa 11 Minuten», sagt Meboldt. Die Maschinen liegen also fast nur im Keller. Für einen solchen Käufer wäre eine Maschine, die 2000 Stunden durchhält, das falsche, weil viel zu teure Produkt.

Sogar im Artikel des Berliner Kuriers liefert der zweite zitierte „Experte“ eine ganz andere Erklärung für das frühe Versagen von Waschmaschinen ab: dass die Kunden einfach zu billige Ware kaufen. Das hat dann aber nichts damit zu tun, dass die Hersteller nicht haltbarere Geräte bauen wollen – sie können es eben nunmal nicht für 200-300 Euro das Stück.

Es gilt die Regel: die Recherche ist der Story Tod. Es allerdings auch so schrecklich unbefriedigend, wenn man aus einem allgemein verbreiteten Gefühl keine harte Geschichte machen kann.

Ich kann mich da nicht rausreden: ich stecke im Zitierkarussell mitendrin und werde dafür verantwortlich sein, dem eine weitere Facette hinzuzufügen.

 

 

Im Zuge dieser Recherche stolpere ich dann immer wieder über das Glühbirnenkartell Phoebus und finde auch hier nur Zitierschleife um Zitierschleife. Doch dazu später mehr.

 

 

8 Gedanken zu „Meine Obsoleszenz-Zweifel“
  1. Keine Ahnung, ob es gezielte Obsoleszenz-Strategien gibt.

    Ich vermute eher, daß Obsoleszenz von Herstellerseite hingenommen wird, weil überschaubare Produktlebenszyklen die Planbarkeit verbessern und den Umsatz langfristig sichern. Ob man das zeitlich so genau steuern kann, wie kolportiert wird, bezweifle ich – dafür ist das Nutzungsverhalten einfach zu divers.

    Ich denke auch, daß Obsoleszenz oft ein Abfallprodukt der Produktentwicklung im Zusammenspiel mit der Finanzplanung ist. Da sollen gewünschte Eigenschaften mit einem Minimum an Materialeinsatz erreicht werden und, wenn es geht, mit dem günstigerem Material. Das geht natürlich zu Lasten der Maximal- und Dauerhaltbarkeit. Eigentlich eine einfache Rechnung. Da eine Balance zu finden, ist das Ziel: Das Produkt soll benutzbar sein und erschwinglich bleiben.

    Diese Gesetzmäßigkeiten werden sicher oft für geplante Obsoleszenz gehalten. Dabei haben wir es bloß mit logischer Kausalität zu tun.

  2. Der Nachweis ist schon öfter erbracht worden, dass die Industrie geplante Obsoleszenz einbaut.

    (Ein Seitenzählerchip blockiert nach einer gewissen Anzahl von Seiten den Drucker obwohl dieser noch weiter anstandslos funktionieren würde.)

    Das Argument dass die Kunde zur Konkurrenz wechseln würde funktioniert nicht, denn dort erleben sie ja genau das gleiche.

    Es gibt keinerlei Wettbewerbsnachteile für die Produzenten von Murksprodukten weil alle schon Murks produzieren.

    Die geplante Obsoleszenz (und das muss geplant sein, weil ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ingeneure von heute wirklich solche Vollidioten sind und solchen Murks aus lauter Unwissen entwickeln)
    wird nicht nur immer mehr ein Ärgernis für uns Konsumenten, sondern wird schön langsam volkwirtschaftlich kriminell.

    Denn eines fördert mit Gewissheit die (Gesamt-)Wirtschaft nicht und das sind immer schneller werdende kaputte Dinge !.

    Ja, für diese eine Industrie ja, die freut sich über stabile oder steigende Umsätze, aber anderen Branchen fehlt dann genau diese Kaufkraft des Konsumenten für andere Wirtschafszweige und ist somit ein Schaden für uns alle.

    Und diese Murksindustrie wird immer dreister.

    Der steigende Widerstand der Konsumenten dagegen ist nur allzu verständlich und hat auch meine volle Unterstützung.

  3. Es ist doch kein Vorteil für ein Unternehmen, wenn der Ausfall des Druckers einen Anlass abgibt, den Druckerhersteller und damit den Tintenlieferanten zu wechseln. Je länger das Gerät druckt und druckt, desto mehr Geld verdiene ich mit dem Kunden. Das Unternehmen hat keinen Vorteil durch die eingebaute Alterung, selbst wenn der Kunde beim nächsten Gerät des nächsten Herstellers die selben niederschmetternden Erfahrungen macht.
    Ich denke dass es vor allem der Kostendruck ist, der für schlechtere Produkte sorgt – tatsächlich bedarf es da eines Umdenkens – der Kunden.
    Allerdings gilt auch: kurzfristiges Renditedenken hat bei fast allen Unternehmen die Oberhand gewonnen, langfristige Kundenzufriedenheit und langfristig stabile Umsätze sind nicht gefragt.

  4. Ob meine zwei neuen, riesengroßen 3D-Flachglotzpappen eines renommierten japanischen Herstellers nach 4 oder 5 Jahren nicht mehr funktionieren, ist für mich ohne Belang, weil die Nutzungsdauer sich mit den Anschaffungszyklen für hoffentlich weiterentwickelt werdende Geräte deckt. Ein PC muß ja auch spätestens alle 2 Jahre aufgerüstet oder insgesamt neu zusammengestellt werden. Fertigcomputer kaufe ich nicht. Es könnten Billigteile verbaut worden sein.

    Wenn aber meine vor 20 Jahren gekaufte Waschmaschine aus Gütersloher-Produktion schon jetzt kaputt ginge, würde mich das irritieren. Trockner, Dunstabzug, Herd, Tiefkühlschrank, Staubsauger derselben, nicht gerade billigen Marke, funktionieren ähnlich lange störungsfrei. Obsolenz bietet sich ehrenhaften, traditionsbeladenen Herstellern nicht an. Das darf man von NoName-Produkten aus exotischer Fertigung nicht verlangen, weil sie wenig kosten. Geringe Preise lassen auf mindere Qualität schließen. Mit Tinte drucke ich so selten, daß mir oft die Farbe eintrocknet. Mein Gewerbe verlangt dokumentenecht Ausgedrucktes in Schwarzweiß, und der vor 12 Jahren ziemlich teure US-amerikanische Laserdrucker verrichtet immer noch seinen Dienst. Mein vorheriges Auto, japanisch, fuhr runde 500.000 km, wobei bis auf Verschleißteile nichts kaputtging.

    Als ich mich noch rasierte, probierte ich ein holländisches Modell mit rotierenden Scherköpfen aus. Die sausten nur einen Sommer, dann ging die obsolenzverdächtige Platine defekt. In einem Duisburger-Rasierapparate-Spezialladen wurde mir eröffnet, daß diese Geräte nur vom Hersteller selbst repariert werden könnten. Ersatzteile für Privatkunden gäbe es nicht. Kaufte einen japanischen Barttrimmer. Der bekam kürzlich einen neuen Akku, hält bis auf den gelegentlich zu erneuernden Energiespeicher lebenslang, denn der Hersteller hat einen guten Namen. Ein DVD-Player derselben holländischen Marke wie der Rasierapparat, ging exakt nach Ablauf der Garantie defekt. Obsolenz ließe sich nicht beweisen. Ich unterstelle sie und meide seitdem Produkte dieser Marke. Der danach gekaufte japanische Player hielt 13 Jahre. Heute taugen alle Player, ob DVD oder BR, nichts mehr. Sie erfüllen meine Ansprüche nicht. Ich gucke Filme nur von Festplatten. Fiele einer der zweieinhalb TB großen Filmspeicher aus, wäre das kein Malheur. Gute Festplatten halten meiner Erfahrung nach lebenslang. Kaputt geht immer nur das Billige, das Schnäppchen aus den Hinterhoffabriken der dritten Welt, oder Elektronikschrott, für den sein holländischer Hersteller früher mit »nimm doch!« warb. Wer Billiges kauft, bezahlt am Ende mehr als der sich für Qualität Entscheidende, der bereit ist, dafür ein bißchen mehr auszugeben. Nur das beugt dem Frust andauernd kaputtgehender Geräte vor, mit denen brutal gewinnmaximierend operierende Hersteller die Schnäppchenjäger veräppeln, die durch andauernde Käufe zur unverdienten Lebensfähigkeit ehrloser Hersteller beitragen.

  5. Hi! Habe als Ingenieur in der Geräteentwicklung gearbeitet. In einem nicht so umkämpften Bereich. Wenn man das einmal praktisch mitgemacht hat, weiß man was es bedeutet ein Gerät wirklich serienreif zu kriegen. Dann wundert man sich, wie „wenig“ Ausfälle es gibt. Mit dieser Kenntnis ist es mir immerwieder schleierhaft, wie Leute in Flugzeuge einsteigen können. Irgendwas im Flieger geht garantiert nicht so, wie es sollte. In der letzten Zeit gab es ja Meldungen, die wohl jeder mitbekommen hat: Rauch in Kanzel, Auslieferungsverzögerungen, Stillegungen usw.

    Ich denke, die aktuellen Probleme sind eigentlich eher Ausdruck genau dieser von mir beschriebenen Situation. Die Entwicklung, geht viel zu schnell, um Obsoleszenz einzubauen. Die normalen Probleme, der Serienfähigkeit reichen aus, um diese Ergebnisse zu erreichen. Man entwickelt so weit, daß nicht -alles- direkt zurückkommt vom Kunden. Dann hält es eine Weile, wenn man (der Kunde) Glück hat, über die Garantie hinaus. Ausdruck dieses Verhaltens ist doch, was man in der Userführung (Bedienung) des modernen Gerätes mit Softwarekomponente sofort sehen kann. Es gibt doch kaum ein Gerät, bei dem die gesamte Bedienoberfläche zuende gedacht ist. Wenn man in diese Anwendermenüs, -vorgänge, -konfigurationen genau hineinsieht, findet man fast immer etwas, was nicht funktioniert oder merkwürdig ist. Dagegen haben die Hersteller inzwischen das Mittel des nachträglichen Softwareupdates. Leider ist nicht jeder Hardwaremangel durch Softwarekorrekur behebbar. Da die Hardware mindestens so kompliziert ist, wie die integrierte Software, läßt sich am Softwarezustand auf den Hardwarezustand schließen.

    Obsoleszenz braucht Zeit. Zeit läßt sich für die Alterung nur wenig hinreichend zuverlässig simulieren, und damit bei schnellebigen Produkten kaum kalkulieren.

    Hat man hingegen lange Zeit, kann man Produkte, die keinen Moden und Neuerungen unterworfen sind durchaus kurzlebig konzipieren. Man hat ja Zeit zum Experimentieren.

    Wie lange gibt es jetzt Energiesparlampen? Vor 10 Jahren, waren das Ausnahmen. Wie lange halten die Leuchtstofflampen heute? Oft benutzte (ca. 12h Dauerbetrieb/Tag) halten bei mir kein Jahr. Ich habe eine steinalte Lampe aus der Zeit, als alles begann mit der Energiesparlampe. Die habe ich 2003, da war besagte Lampe schon alt und gebraucht, im Hausflur eingeschraubt, als Nachtlicht. Die brennt seitdem bestimmt 10 Stunden pro Nacht. Wieso kann die das 10 Jahre? Meine neu gekauften halten jedenfalls nur kürzer. Hier halte ich es durchaus für möglich, daß da an der Schraube gedreht wird.

    Ich glaube, daß das Einzige was hilft, der Gestzgeber sein könnte, mit einer Regelung, die den Verbraucher besser stellt.

    Oft helfen Internetportale, aber was nützt ein Portal, auf dem nach 2 Jahren ein Produkt geschmäht wird? Alle Käufer haben ihre Rechte bis dahin verloren und das Produkt gibt es am Markt gar nicht mehr. Und für die neuen Produkte kann kein Mensch sagen: das da ist das Bessere. Das wissen alle erst wieder nach zwei Jahren.

    Aber worüber in diesem Zusammenhang überhaupt niemand spricht, ist das „Problem Kunde“. Wie kann es sein, daß ganze Völkerwanderungen vor Applestores stehen, wenn ein neues Gerät erscheint. Weiß ich was darüber? Warum kauf ich das dann für hunderte von Euros? Auch noch dann, wenn ich schon weiß, daß ich mit dem Akku das ganze Gerät wegschmeißen soll. Mein aktueller Rechner hat Macken, ebenso die aktuelle Software, mein Betriebssystem muß sowieso 2 mal am Tag abgedated werden. Das Ding kriecht dann nur noch, genauso, wenn gerade die Indexierung auf der Kiste läuft. Hat schon mal jemand berechnet wieviel Energie verloren geht für unproduktive Hochlaufzeiten von 5 bis 10 oder mehr Minuten eines in die Tage gekommenen Windows, bazillionnen mal auf diesem Planeten? Wieso findet sich der Kunde damit ab? Und solange das so ist, daß der Kunde nur gierig und wenig schlau handelt, solange müssen wir auch Schrott kaufen.

    Nach dem Meckern ein Hinweis:
    Puppy Linux gemacht für alte und neue PC’s, läuft bei mir in weniger als einer Minute von Null auf Internetbetrieb. Kein „NormalUser“ braucht mehr. Das wäre ein Anfang, statt Win8.

  6. Sie sprechen zurecht Gründe an, warum es gar keiner geplanten Obsolszenz bedarf:
    * Kostendruck durch Unternehmensentscheidungen, aber auch durch den Kunden, der dieselbe Leistung oder gar mehr für immer weniger Geld will.
    * Kurze Produktinnovationszyklen – allerdings sieht man etwa beim Personal-Computer: inzwischen ist das „Good Enough“ erreicht und die durchschnittliche Nutzungsdauer steigt an. Nicht jede neue Software erfordert mehr einen neuen Rechner. Mit Smartphone und Tablets kommt es hoffentlich bald genau so.
    * Ein wichtiger Punkt ist aber: Unternehmensstrategie. Wenn es nur noch um die Ergebnisse im nächsten Quartalsbericht geht, nicht aber darum, welche Stellung im Markt man in 5-10 Jahren haben wird, dann ist es für jede Abteilung schwierig die Herstellung haltbarer Produkte für sinnvoll zu erklären.

  7. Ich verfolge das Thema auch schon länger. Ich habe vor 20 Jahren eine elektrische Zahnbürste bekommen, der erste Akku hat ca. 6 Jahre gehalten. Seither muss ich das Handstück in immer kürzeren Zeiträumen auswechseln, 3 Jahre, 2 Jahre, 1.5 Jahre usw. Gottseidank kostet mich das nur 11 Euro, da ich einen Kundendienst vor Ort habe. Ich hätte schon längst die Marke gewechselt, wenn ich nicht noch eine Megapackung mit Ersatzbürsten hätte.

    Das mit den Energiesparlampen kann ich auch bestätigen, ich habe vor zwei Jahren eine Birne ausgewechselt, die ich vor 1992 gekauft habe, damals noch für 35 DM. Jetzt halten sie teilweise kürzer als konventionelle Glühbirnen.
    Für mich ist betriebswirtschaftlich trotzdem das Ganze nicht nachvollziehbar. Wenn mir kurz nach der Garantiefrist etwas kaputt geht, kaufe ich von dieser Firma garantiert nichts mehr. Also, eine Maßnahme der Kundenbindung ist das nicht. Wenn ich für sagen wir, 2 € bessere Kondensatoren, Schalter etc. einbaue, bringt mir als Firma das in den Bewertungsportalen bessere Noten, also mehr Kunden, zwar nicht mehr für dieses Produkt, aber für andere Produkte der Marke.

    Marke ist wichtig. Schauen wir uns diese Bekleidungsmarke mit dem Doppelnamen an, die statt Verkäufer Models einstellt. Die Produkte sind nach spätestens zweimal Waschen labberig. Noch ist es in, derartige T-Shirts zu völlig überteuerten Preisen zu kaufen. Aber die letzten Bemerkungen des CEO zum gewünschten Kundenkreis zieht gerade weite Kreise. Deshalb ist die Macht der Social Media nicht zu unterschätzen.

    Oder mein Mp3player. Ich habe einen super Player mit austauschbaren Akkus und Stoppfunktion für Hörspiele, dieser Player ist unkaputtbar, die Preise, die für dieses Model bei Ebay erzielt werden sind höher als sein Neupreis. Die Nachfolgemodelle haben nur noch einen eingebauten Akku, und unterscheiden sich nicht von den Modellen anderer Firmen. Diese Firma ist auch mehr oder weniger vom Markt verschwunden. Recht so.

    Ich jedenfalls kaufe viele Sachen gebraucht. Dann sind auch die Schadstoffe ausgedünstet ….

Kommentare sind geschlossen.