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Ich hatte es schon vergangene Woche geschrieben: (ausführliche) Auslandsberichterstattung ist in den kostenfreien Umsonstmedien eher unterbelichtet – ein bisschen USA, aber dann wird’s trübe. Immer mal wieder erfreut mich die taz (die ich im Wochenendabo mit unterwöchigem E-Paper habe). Diesmal sogar besonders:

Israel/Palästina

Susanne Knaul schildert die Lage im Gaza-Streifen und beschreibt die Bedingungen vor Ort, nicht ohne Empathie für die Betroffenen. Hintergrund ist natürlich das Streichen von Hilfesgeldern durch die USA. Aber statt jetzt wieder nur den USA und Israel alleine die Schuld an der Lage zuzuschreiben, schildert sie, dass auch die Streitigkeiten innerhalb der Palästinenser-Fraktionen ihren Teil zur verfahrenen Situation beitragen:

„Israel sperrt uns ein“, schimpft Sharaf mit heiserer Stimme und räumt ein, dass nicht allein den Besatzern die Schuld für die Not der Menschen zuzuschreiben sei. „Wir hatten so große Hoffnungen“, als die Nachricht von einer Einigung zwischen der Hamas in Gaza und der im Westjordanland herrschenden Fatah bekannt wurde. Gerade vier Monate ist es her, dass die beiden großen palästinensischen Bewegungen die Streitaxt begruben. „Ich weiß nicht, warum die Versöhnung nicht funktioniert“, sagt Sharaf ratlos.

Das palästinensische Volk ist Opfer, weil es in den letzten Jahrzehnten der Vorwand für die arabischen Brüdervölker war, Konflikte in der Region am Schwelen zu halten und jeweils nach Innen die autoritären Regime zu stärken – dazu ist ein äußerer Feind wie Israel nötig. Doch inzwischen haben sich Saudi-Arabien auf der einen, Iran auf der anderen Seite neuen (und direkteren) Konflikten zugewandt. Ob es da ein Israel an der Mittelmeerküste gib oder nicht, das ist weniger wichtig geworden. Und damit schwindet der Rückhalt für die extremistischen Gruppen Hamas und Fatah – es ist kein Wunder, das Ägypten gar nicht daran denkt, seine Grenze zum Gaza zu öffnen. Lange Jahre waren die Palästinenser das Faustpfand, auch ein wenig die Geiseln der Politik in Riad, Teheran, Kairo. Die anderen Staaten haben die Palästinenser darin bestärkt, keine Zwei-Staaten-Lösung zu für Israel annehmbaren Konditionen anzustreben, die Jugend wird entsprechend indoktriniert und träumt den vergeblichen Traum vom Palästina ohne Israel. Doch selbst ein Präsident Trump hätte die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem nicht angekündigt, hätten nicht die Staaten der Region signalisiert, dass das okay sei. Und ohne das Backing der anderen entfällt auch die Intifada. Vielleicht gibt es im Sommer nochmal einen Gewaltausbruch, wenn die Lage angesichts Wassermangel und Stromausfällen wieder eskaliert (ich tippe: rund um die Fußball-WM). Aber im Prinzip ist das palästinensiche Volk, wie im Artikel beschrieben, Zwischen Hammer und Amboß.

Das Interview mit dem Sprecher der UN Hilfsorganisation UNRWA verdeutlicht übrigens, dass es von Trump vielleicht auch gar kein Fehler sondern ein notwendiger Schachzug war, die Gelder für die Organisation zu kürzen. Irgendwann einmal muss der jahrzezehntealte Status Quo von immer mehr Geld für Flüchtlinge der x-ten Generation hinterfragt werden:

 Warum ist in den letzten 70 Jahren keine wirtschaftliche Entwicklung in Gaza zu erkennen?

Das ist nicht unsere Aufgabe. Die UNRWA hat ein klares Mandat. Wir werden unsere Aufgabe fortsetzen, bis es eine Lösung für das Palästinenserproblem gibt. Danach richten wir uns. Wer über eine Veränderung entscheidet, ist die UN-Generalversammlung. Solange wir keine neuen Vorgaben aus New York bekommen, arbeiten wir weiter wie bisher.

Tja. Es wird Zeit.

Im umstrittenen „Antisemitismus-Film“ von arte im vergangenen Jahr gab es eine weite Sequenz, die sich mit Gaza und Westjordanland und antisemitischer Polemik gegen die dortigen Zustände befasste. Ich fand zwar, dass das in dem Film nicht sehr viel zu suchen hatte, nachdenkenswert waren diese Passagen allemal. [Kaputtgemacht wurde das dann durch israelische Veteranen, die unwidersprochen behaupten durften, echte Palästinenser-Vertreibung habe es nicht gegeben, die seien ja alle von alleine gegangen. Das geht dann gar nicht]

Bild vs. Titanic

Mein lieber Mann, was hat mir das vergangene Woche Spaß gemacht: wie die Titanic die Bild-Zeitung hochgenommen hat. Wie sich der wirklich sehr unsympathische neue Chefredakteur dabei verhalten hat. Gut zusammengefasst und eingeschätzt von Jürn Kruse Die „Bild“ fällt auf „Titanic“ rein – Schwache Verteidigung. Er ordnet die „Hund wird SPD-Mitglied“-Geschichte so ein:

Ersetzen Sie „Satire“ durch „die Bild“, und „journalistische“ durch „politische“. Dann liest sich das Ganze so: Natürlich darf die Bild so etwas, aber sie versucht sich hier zu profilieren, indem sie politische Arbeit bewusst zu diskreditieren versucht.

So inszeniert die „Bild“ ihre Verhöhnung der SPDFoto: Archiv

Es ist genau das, was man Reichelt und der Bild bei ihrer Story über Hund, SPD und Mitgliederbefragung vorgeworfen hat. Und auch bei den Geschichten zuvor, als die Bild davor warnte, dass auch Ausländer bei der SPD-Mitgliederbefragung mitmachen dürften. Ausländer!

Nur scheint Reichelt das entweder nicht zu erkennen. Was blöd wäre. Oder er will es nicht erkennen. Was bigott wäre.

Ich war jahrelang Titanic-Abonnent – aber das ist 30 Jahre her. In Anerkennung dieses Scoops habe ich jetzt mal wieder ein 3-Monats-Probeabo abgeschlossen. Macht es nach, oder kauft für 4,50 Euro wenigstens die April-Ausgabe.

 

 

 

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