Als ich den Kommentar zur Flatrate-Änderung im Darmstaädter Echo aufspießte, dann tat ich das nicht nur, um meinem Kopfschütteln über den „Gelegenheitsserver“ Ausdruck zu verleihen und mich darüber lustig zu machen. OK, das natürlich auch.

Aber hinter dem Kopfschütteln über diese Leisung (und andere auch) einer Regionalzeitung steckt mehr. Zwei Punkte erscheinen mir bedenkenswert.

End OF The World

Bei der Beschäftigung, wie sich Journalismus durch das Internet verändert und was das für die Zukunft der bestehenden Medien bedeutet, zeigt das Beispiel, dass es schwierig wird, in einer Welt allzeit verfügbarer Spezialmedien als universelle allgemeine Informationsquelle zu bestehen.

Jeder, der sich mit dem Thema „Telekom und Flatrates“ in den Tagen vor Erscheinen des Kommentars beschäftigen wollte, der konnte schnell auf fachlich fundierte Analysen aus allen möglichen Ecken des Netzes zugreifen.

Auf Webseiten, die sich mit Netzpolitik beschäftigen, und daher das Thema Netzneutralität bereits kennen und in der Lage sind, die Aktivitäten der Telekom in einen größeren Kontext zu stellen. In Fachmedien, die sich mit Telekommunikationsanbietern, Kostenstrukturen und Tarifen ziemlich gut auskennen und Journalisten, die die Geschichte der Preispolitik der Telekom kennen, die wissen, was es mit den „Breitbandausbau“ auf sich hat und einigermaßen aus dem Stand in der Lage sind, die Zigmilliardenzahl der Deutschen Telekom zu hinterfragen.

Und auch wen es zunächst nur am Rande interessiert, der hat doch zumindest eine Ahnung davon, dass es den „Gelegenheitsserver“ nicht gibt.

Die Universalanbieter von Informationen stehen inzwischen in einem harten Wettbewerb mit diesen Medien und Informationsquellen. Das scheint ihnen aber oft nicht bewußt zu sein.

Und so ruinieren sie sich mit Kommentaren mit oberflächlichem Sachkenntnis-Hintergrund den Ruf. Gehen wir mal davon aus, dass die jüngeren, gar nicht mehr so zeitungsaffinen Leser ein Gespür dafür haben, dass sie manchmal mit dem Universaljournalismus ziemlich schlecht bedient sind.

Die Vertreter des so genannten „Qualitätsjournalismus“ sägen an dem Ast, auf dem sie immer noch ziemlich selbstbewußt sitzen, indem sie bei vielen Fachfragen dem Stand der Dinge hinterherhecheln.

Was das bedeutet? Es gibt einen Bereich, in dem die Regionalzeitung Spezialisierung zeigen könnten, nämlich in der Lokal- und Regionalberichterstattung, indem sie es schaffen, die „großen“ Themen lokal herunterzubrechen. Es darf einfach nicht passieren, dass ein Wirtschaftsteil einer Regionalzeitung den globalen Ansatz einer Debatte oder eines Ereignisses einfach so wiedergibt, wenn es denn, wie in diesem Fall, so einfach möglich ist, einen Sachverhalt auf die lokale Ebene zu bringen. Man müsste eigentlich nur seine eigene Zeitung lesen.

Die Zukunft der Regionalzeigungen müsste darin bestehen, dass die Politik- und Wirtschaftsteile enger mit der lokalen Berichterstattung verzahnt werden. Nicht, indem man mehr oder minder spannende Unternehmensportraits von Firmen aus der Redaktion in den Wirtschaftsteil hebt, sondern indem man gezielt danach sucht, die großen Debatten ins Lokale zu drehen.

Die ganze Diskussion über die Energiewende läßt sich an den örtlichen Vorhaben zum Windradbau zeigen. Die Debatte um soziale Gerechtigkeit an lokalen Initiativen. Der Sachverstand der Fachredakteure ist dann auch sehr gefragt, denn die können vielleicht besser als der lokale Berichterstatter, der von der Karnevalsveranstaltung über den Alternnachmittag bis zur Umgehungsstraße viel zu beackern hat und sich kaum Zeit nehmen kann, mal das EEG und dessen Folgen auf die Projekte in der Region zu beziehen.

In der Spezialberichterstattung ist der Konkurrenzkampf gegen die Fachmedien im Netz kaum zu gewinnen.

Dass eine solche Umorientierung stattfindet, damit rechne ich aber nicht.

Informationen für Nonliner

Für diejenigen, die das Netz als zweiten Lebensraum erschlossen haben, ist es vielleicht schlecht vorstellbar, aber ein geraumer Prozentsatz der Bevölkerung ist noch auf die Informationen der Universalmedien angewiesen, oder besser, es gewohnt, seine Informationen von dot zu beziehen und daran wird sich auch so schnell nichts ändern.

Wie etwa die Piraten oder Schützer von Bürgerrechten im Netz an diese Gruppe herankommen können ist schwer zu sagen, so lange die Allgemeinbildung über Fragen der Netzinfrastruktur von Generalisten in überforderten Redaktionen kommen.

Wie man dort Gehör finden kann, das wird eine große Herausforderung für alle politisch aktiven Menschen sein.

Einfach nur über den „Gelegenheitsserver“ lachen wird nicht reichen. Eine Lösung für das Problem habe ich aber auch nicht.