Oh, was sprießen jetzt die Serviceangebote zum Thema „so lösche ich meine Google-Links„, und das ist durchaus legitim, denn den Wahnsinn, der nun folgt, den hat ja alleine der EUGH zu verantworten.
Aber wie geht es wirklich weiter? Aus meiner Sicht ein paar mögliche Szenarien der Zukunft, die auch in kombinierter Form auftauchen können:
Szenario 1: Google hat ein neues Geschäftsfeld: die Personenauskunft gegen Geld. Es geht bei dem Urteil zum Löschen von Links um das „Veröffentlichen“ der Links, die Zugänglichmachung von Verbindungen für jeden. Die Linkziele sind nicht das Problem. Google kann (und muss) weiter Links sammeln, wird aber nicht mehr alle Veröffentlichen. Doch unter welchen Umständen könnte man daraus einen Rechercheservice machen, vergleichbar mit einer Detektei? Das müsste man prüfen. Vielleicht kann man gegen Geld auch Rechercheaufträge anstoßen, die erst durch die Beauftragung zu einer Linksammlung führen. Und wenn nicht Google das macht: andere Anbieter werden es machen.
Szenario 2: Google.com liefert nach wie vor die in Europa verbotenen Links, darf dann aber keine in europa aquirierte Werbung mehr zeigen. Das wird eher knifflig.
Szenario 3: Jetzt können russische und chinesische Suchmaschinen mal zeigen was sie können – solange sie keine Dependance un Europa aufmachen und hier Geschäfte machen wollen. Die informierteren Teile der Netznutezrschaft werden sich Suchmaschinen suchen, die nichteuropäisch sind.
Klar ist aber vor allem: es wird die Normaluser geben, die ein von Google nur noch eingeschränktes Angebot bekommen, es wird Menschen geben, die auf exotische Suchmethoden umsteigen können, und es wird die geben, die es sich leisten können, Spezialcrawler zu bezahlen. Die Infoelite qua Geld. Dass Behörden und Geheimdienste ohnehin … geschenkt.
Das Internet hat für den Bürger etwas mehr Waffengleichheit im Kampf um Informationen geschaffen – plötzlich waren viele Daten nicht mehr exklusiv den Eliten, den Medienmachern, den Firmen vorbehalten. Sondern für einen viel weiteren Personenkreis erreichbar. (Ob „verarbeitbar“, das ist etwas anderes) Zuletzt beginnt der Rückschlag: Informationen wieder nur für Wenige, die Reichen und die Gatekeeper.
So hatte ich mir die Fortentwicklung des Netzes eigentlich nicht vorgestellt.
Weitere Links zum Thema:
Nico Lumma: Die Sache mit dem EuGH-Urteil und dem Recht auf Vergessen