Mich erschüttert das jedes Mal.
Beim Linksabbiegen – das ist soweit ich das sehe nicht so häufig wie beim Rechtsabbiegen.
Aber jedes mal läuft es mir bei diesen Meldungen kalt über den Rücken.
Es war im vergangenen Jahr, als die Proteste der Letzten Generation wohl dafür sorgten, dass bei einem ähnlichen Unfall in Berlin die Rettungskräfte Probleme hatten, den Unfallort zu erreichen. Riesenaufregung.
Und ja, ich finde das Klimakleben nicht hilfreich.
Denn jetzt wird über die Aktionen, das Ausbreiten, das Blockieren von Berlin berichtet – aber was sind denn die aktuellen Forderungen der „letzten Generation“? Ich hatte abgespeichert: Ein Gesetz gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln durch Supermärkte. Dazu hatte ich schonmal was Geschrieben: Sachdienlicher Hinweis: Lebensmittelverschwendung.
Übrigens dazu noch dieser Beitrag Wie weniger Lebensmittel im Müll landen:
Als erstes Land der Welt hat Frankreich damit große Supermärkte dazu verpflichtet, ihre unverkauften Waren erst gemeinnützigen Organisationen anzubieten, bevor sie sie wegwerfen. Hierzulande beruht das auf freiwilliger Basis. Allerdings hat der Handel dort im Vergleich zu Deutschland einen doppelt so großen Anteil an den nationalen Abfällen und arbeitet weniger gut mit den Tafeln zusammen.
ebd.
„In Frankreich wird mit diesem Gesetz immer noch weniger an Tafeln gespendet als in Deutschland ohne so ein Gesetz“, sagt Scheubrein. „Die Zusammenarbeit von Einzelhändlern und Tafeln funktioniert in Deutschland seit Jahrzehnten gut.“ Aus ihrer Sicht brauche es ein Gesetz wie in Frankreich deshalb nicht. Die steuerlichen Vorteile, die damit verbunden sind, hält sie jedoch für sinnvoll. So können französische Supermärkte 60 Prozent des Einkaufspreises der gespendeten Lebensmittel von der Steuer absetzen.
Ach, das Beispiel Frankreich mit dem Gesetz zieht nicht. Okay. Zurück zu den Forderungen der „Letzten Generation“. Hätten Sie auch auf die Lebensmittel gesetzt?
Falsch. Aktuell (10.4.2023) heißt es:
- Tempolimit 100 km/h
- Dauerhaftes 9 Euro Ticket
- Einen Gesellschaftsrat.
Ach.
Ich wette, die Zahl derjenigen, die diese drei Forderungen aufzählen können, ist verschwindend gering. Denn Berichtet wird über die Aktionen, aber selbst von wohlmeinenden Medien gar nicht mehr über die Forderungen. Dann kann eine Aktion gar nicht zielführend sein. Scheint der letzten Generation egal zu sein.
Aber das mit dem Straßenkleben und dem tödlichen Fahrradunfall, das hat noch mehr miteinander zu tun.
Frankreich hat nämlich ganz entschiedene Maßnahmen gegen diese Art von Unfällen ergriffen:
LKW, die in Frankreich fahren, sollen links, rechts, hinten einen solchen Aufkleber tragen.
Für die Schilder gilt ein enger rechtlicher Rahmen: Sie müssen 25 x 17 Zentimeter groß sein, einen roten Rahmen haben und eine weiße Aufschrift oben: „Attention“ (Achtung). Der Innenbereich muss gelb-schwarz und mit einer stilisierten Kreuzung versehen sein. Dazu kommen vier dreieckige Warnschilder mit Ausrufezeichen, ein stilisiertes Fahrzeug und der Schriftzug „ANGLES MORTS“ in Großbuchstaben auf gelbem Untergrund am unteren Rand.
ebd.
Problem gelöst.
Mich erinnert diese „Politik“ ja an Klimapolitik. Die Aufkleber sind ja dafür da, dass Radfahrer und Fußgänger daran erinnert werden, dass es bei LWK einen Toten Winkel gibt. Damit erspart man sich das technische Nachrüsten der LKW, denn es gibt inzwischen Warnassistenten für den Fahrer. Nein, stattdessen wird die Verantwortung auf die potentiellen Opfer verschoben: Blöd, dass Du überfahren wurdest, hättest Du mal unsere Aufkleber beachtet.
Viel zynischer geht es kaum, aber das Verschieben von Verantwortung für die Klimakatastrophe auf den normalen Bürger: geht genau so. Du, iß mal kein Fleisch, flieg nicht, lauf mehr.
Und schon muss eine Regierung keine Maßnahmen mehr auf den Weg bringen?
Mich macht auch das: sauer.
Klima-Abstimmung Berlin
Hier noch zwei Texthinweise. Einmal – warum die Klimaabstimmung in Berlin auch anti-demokratische Elemente hatte, aus denen man sie ablehnen musste:
Da geht es vielmehr um sozial gerechten Ausgleich und gegen den Kapitalismus, um Pandemieschutz und neue Stellen, verstärkte Partizipationsmöglichkeiten „bisher benachteiligter Gruppen“ und daher vor allem um eine „partizipative Wende“. Aus diesem Grunde soll auch ein „Klimabürger:innenrat“ eingerichtet werden, denn die „Forderung nach einem Klimabürger:innenrat ist ein Baustein in einer historischen Umbruchphase, in dem die Strukturen der Demokratie neu verhandelt werden müssen“ (sic). Wer so etwas schreibt, für den ist die parlamentarische Demokratie längst Geschichte. Der sieht eine Räterepublik am Horizont und folglich die „Konsultative als 4. Gewalt im System der demokratischen Gewaltenteilung“ vor. Das ist auch wieder so ein paradoxer Widerspruch, den keiner bemerken soll, damit im Samtpfotenstil die Demokratie aus den Angeln gehoben werden kann. Also einerseits nur „Konsultative“, sprich: Beratung, aber andererseits potente machtbegrenzende und machtausübende „4. Gewalt“, sprich: gleichberechtigt neben Legislative, Judikative, Exekutive. Nur wäre damit ja noch nicht das Passende und Wahre im Sinne der Aktivisten erreicht: Man muss ja darauf achten, dass die Richtigen das Richtige entscheiden. Daher müsse der Rat zwar per Losverfahren, aber auch „nach sozialen Merkmalen repräsentativ zusammengestellt“ werden, damit „künftig Entscheidungen zustande kommen, die den Bedürfnissen der Bürger:innen gerecht werden“. Man weiß da also schon vorher Genaues über die Bedürfnisse der Menschen und die gebotenen Beschlüsse. Eindeutig, hier waltet das Motto: Und bist Du nicht willig, so brauche ich strukturelle Gewalt.
https://www.salonkolumnisten.com/trick-25/
Bis auf den letzten Absatz gelungen und lesenswert hier der Kommentar in der taz zur gescheiterten Abstimmung:
Es ist einigermaßen absurd, davon auszugehen, dass alle Menschen, die gegen den Volksentscheid stimmten, und jene, die gar nicht erst hingingen, gegen Klimaschutz wären. Man könnte auch unterstellen, dass diese sich mit dem Vorschlag auseinandergesetzt und entschieden haben: So geht das nicht. Weil selbst Linken-Politiker vor der Abstimmung die mangelnde Finanzierbarkeit kritisierten. Oder weil Menschen Angst haben, bald ihr Auto zu verlieren, aber in ihrem Stadtteil der Bus am Sonntag nur alle 30 Minuten fährt, wenn er nicht ganz ausfällt. Oder dass der Umbau ihrer Heizung sie ruiniert.
https://taz.de/Deutschlands-Klimapolitik/!5923016&/
Für jemanden, der heute ein neues Auto oder eine Heizung braucht, ist das Jahr 2030 nicht die Zukunft, sondern Gegenwart. Das Ding soll schließlich eine Weile halten.
Der letzte Absatz mit Klimareichensteuer ist dann wieder nur Ausdruck absoluter Hilflosigkeit.
I told you so
Irgendjemand macht ne Pressemitteilung, irgendeine Agentur verbreitet sie, und dann gibt es die Picture-Posts in den Sozialen Medien und alle so: wow, das ist ja mal was Neues.
Ist es meistens nicht.
Heute: NABU / Umweltbundesamt
Kann aber auch sein, dass die Meldung ne Weile her ist.
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