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Die Klimakatastrophe ist in vollem Gange. Erste Auswirkungen sind feststellbar. Sie ist menschengemacht. Der CO2-Eintrag in die Atmosphäre muss gestoppt werden. Menschen, Häuser, Städte, Länder müssen sich daran anpassen. Die Industrieländer müssen dabei den größten finanziellen Beitrag leisten.

Das alles mal vorab. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass schon genug getan wird.

Es gibt aber auch keinen Grund zu behaupten, dass nichts geschehen ist und geschieht.

Wenn das in der Berichterstattung keine Rolle spielt, dann führt das zu psychischen Belastungen junger Menschen, die dann glauben als „Letzte Generation“ gar keine Chance zu haben – quasi todgeweiht sind und als solche festgeklebt irgendwo grüßen. Befeuert wird das von den chronischen Linken, wie ich sie nennen möchte, die seit Jahrzehnten nichts anderes tun, als jede Neue Soziale Bewegung irgendwann zu kapern. Mit ihrem ideologischen aber vor allem organisatorischen Background wenden sie jedes Thema in die Visionen von der Abschaffung des „Kapitalismus“, egal was der oder die Einzelne darunter genau versteht. Der „Systemwechsel“ wird zur Heilsbotschaft, und weil es für diesen ganz sicher keine demokratischen Mehrheiten geben wird, geht es dann Richtung Radikalisierung und Revolutionsfantasien. so hat die chronische Linke schon „Occupy“ gekapert und in die Bedeutungslosigkeit getrieben. Und die „Piraten“, angetreten als fortschrittliche, durchaus liberale Bürgerrechtspartei, die sich dann mit Bedingungslosem Grundeinkommen und anderen Schlussfolgerungen, wonach es nicht nur genügt, die großen Tech-Konzerne zu bändigen oder zu zerschlagen (wozu es im Kapitalismus ja Vorbilder gäbe) sondern gleich das ganze System zu zerstören. Willkommen in der Irrelevanz.

Jetzt also die Klima-Aktivisten. Wie gut chronische Linke arbeiten, in NGOs eindringen und sie zumindest teilweise übernehmen, zeigt etwa die Wandlung von Greta Thunberg zur antikapitalistischen Vordenkerin. Der Club Of Rome war schon immer so drauf, der Weltuntergang (aus welchem Grund auch immer) musste aber seit den 1970ern immer mal wieder um eine Dekade nach hinten geschoben werden. Aber was denkt Grame Maxton sich in seinem Werk:

Thread ist lesenswert

Hope Punk

In der SF gibt es, von niemandem außerhalb der Blase wahrgenommen, eine literarische Bewegung die als „Hope Punk“ identifiziert wird. Mein erstes Buch dazu war Becky Chambers „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ und ich hatte viel Spaß. Das Entscheidende ist die Zukunftswelt, in der das spielt: Nano- und Gentechnik haben das Leben lang und reich gemacht. Diversität und Toleranz sind nicht nur Wörter. Sexuelle Identitäten kein Konfliktthema. Bei Tor wird das so charakterisiert:

Normalerweise blicken Genres auf eine lange Tradition zurück. Nicht so der Hopepunk. Erstmals 2017 benannt, sehen wir hier eine Genregeburt „in the making“. Was sich dabei herauskristallisiert, ist vor allem eines: Widerstand. Widerstand gegen Resignation und den Unwillen zur positiven Veränderung.

https://www.tor-online.de/magazin/mehr-phantastik/hopepunk-alles-was-du-ueber-das-genre-wissen-musst

Dystopien sind alt und etabliert und verändern ihren Charakter mit den zeitgemäßen Herausforderungen – übrigens mindestens seit den 60er Jahren auch der Umweltzerstörung. Hope Punk signalisiert komplementär, denn beide Richtungen haben ihre Berechtigung, dass sich Dinge zum Besseren wenden können.

An dieser Stelle schlägt die Stunde der Punk-Genres. Als in den 1980er Jahren der Cyberpunk das Licht der Literaturwelt erblickte, stand er für Widerstand – Widerstand gegen die etablierten Regeln der damaligen Science Fiction, deren Konservatismus und naiven Technik-Optimismus.
Auch dreißig Jahre später stehen die Punk-Subgenres für Widerstand gegen etablierte Regeln. Doch dieses Mal richten sie sich gegen den pessimistischen Zeitgeist der Phantastik. Bereits Anfang der 2000er hat sich der Solarpunk herausgebildet, der Solarenergie als Ausweg aus der Ressourcenknappheit
begreift.
Während Solarpunk eine in erster Linie technologische Antwort auf den Zukunftspessimismus unserer Zeit bietet, blickt Hopepunk stärker auf die soziopolitische Seite. Er ist ein Produkt der #Resistance-Bewegung aus den USA, die sich gegen die Verrohung und den offenen Sexismus bzw. Rassismus der Trump-Ära richtet. 2017 benannte Alexandra Rowland, Autorin von „A Conspiracy of Truths“, Hopepunk auf Tumblr als das Gegenstück zum Grimdark – jenem Genre, das spätestens mit „Game of Thrones“ einen Hype rund um düstere, oft brutale und maximal pessimistische Werke geschaffen hat.

https://www.tor-online.de/magazin/mehr-phantastik/hopepunk-alles-was-du-ueber-das-genre-wissen-musst

Wer ohne Hoffnung lebt, der lebt nicht

CO2 und Wachstum

Die Weltbevölkerung wächst. Die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen erfordert wirtschaftliche Produktion. Muss das bedeuten, dass der CO2-Ausstoß niemals gesenkt werden kann? In absoluten Zahlen steigt er weiter. Aber das ist keine Folge von Wachstum per se. Wir haben es mit den berechtigten Aufholungsinteressen der Schwellenländer und dem Rest des „globalen Südens“ zu tun. Aber da geht was:

https://www.economist.com/leaders/2022/11/10/economic-growth-no-longer-requires-rising-emissions

Spannend ist vor allem der Blick auf Mexiko. Die dicke Linie zeigt die CO2-Emissionen. In China sieht man, wie die Energieerzeugung langsam auf weniger Kohlenstoff umsteigt.

Und dazu passend:

https://www.anthropocenemagazine.org/Great%20Decoupling/

Es tut sich also etwas. China baut in ungeahntem Maße Solarenergie zu.

Die Nationale Energieagentur NEA in China hat in dieser Woche ihre Erwartungen für den Photovoltaik-Zubau im Land veröffentlicht. So befänden sich Photovoltaik-Anlagen mit 121 Gigawatt aktuell im Bau. Bis Zum Jahresende geht die Behörde von einem Photovoltaik-Zubau von 108 Gigawatt aus, was nahezu eine Verdopplung der Rekordinstallationen von 54,93 Gigawatt aus dem vergangenen Jahr wäre, wie die Beratungsgesellschaft AECEA berichtet. Die Analysten gehen jedoch davon aus, dass es eher 80 bis 90 Gigawatt an neu installierten Photovoltaik-Leistung in diesem Jahr geben wird.

https://www.pv-magazine.de/2022/06/03/photovoltaik-zubau-von-108-gigawatt-in-china-2022-erwartet/

Exponentielles Wachstum

Irgendwie haben bei Corona alle davon gehört, aber so richtig verstehen kann unser Verstand das Prinzip nicht.

Bei der Installation von Photovoltaik gibt es Ansätze, wonach alleine kapitalistisch-marktwirtschaftlich bald kaum noch ein anderer Kraftwerkzubau denkbar ist – denn die Kosten pro gelieferter MWh Leistung sinken rapide und immer weiter

Aufgrund technologischer Neuerungen gelingt es auch, die PV-Wirkungsgrade stetig zu erhöhten und somit auf vorhandener Fläche mehr Solarstrom zu gewinnen. Im Trend liegen hier „bifaziale“ PV-Module, die auch das indirekte Licht auf der Rückseite nutzen, oder Halbzellenmodule, die mittels zwei parallel geschalteter Modulhälften deutlich leistungsfähiger sind.

https://www.ingenieur.de/fachmedien/umweltmagazin/energiewende-und-solarenergie/photovoltaik-weltweit-auf-der-ueberholspur/

Solarpunk is real.

Und wir diskutieren hier über Atomkraftwerke. Neubauten. Das wird einfach von der Entwicklung, übrigens auch bei der Speichertechnik, überrollt werden.

Die taz ist nun kein marktwirtschaftliches Kampfblatt, und auch Heimat der nach meinem Eindruck viel zu oft irgendwo eingeladenen Ulrike Herrmann, die monothematisch als chronische Linke daherkommt. Antikapitalismus kommt gut an, andere Journalisten hinterfragen selten, was sie so als „Basta“-Prämissen setzt. Da kann nicht sein was sie sich als gelernte Bankkauffrau (ok, Polemik) nicht vorstellen kann.

Zwei Artikel, immerhin, in der vorwöchigen Wochentaz wagen ein wenig Gegenrede. Malte Kreutzfeld, der vor allem durch seine engagierte Berichterstattung rund um den „Lungenarzt“ Köhler und dessen Rechenfehler auffiel, hat „Scheitern? Muss nicht sein“ getitelt. Er denkt etwa in Kategorien vom Primär- und Endenergiebedarf:

Denn für den Fortschritt der Energiewende ist der Endenergieverbrauch der falsche Maßstab. Er lässt den Bedarf größer erscheinen, als er in der Zukunft tatsächlich sein wird. Denn durch den Umstieg von fossilen Kraftstoffen auf Ökostrom sinkt der Endenergiebedarf im Verkehr und beim Heizen: Ein Liter Diesel hat einen Energiegehalt von etwa 10 Kilowattstunden. Damit kommt ein Wagen der Golf-Klasse etwa 17 Kilometer weit. Ein vergleichbar großes E-Auto fährt mit 10 Kilowattstunden Strom über 50 Kilometer. Durch den Umstieg auf Elektroautos, die mit Ökostrom angetrieben werden, sinkt der Bedarf an Endenergie um 70 Prozent.

https://taz.de/Klimaschutz-und-Kapitalismus/!5889299&s=Klimawandel/

Skeptisch darf man sein, muss man gar, gegenüber jeder Ankündigung. Aber der Preisschub bei Energie hat Dinge beschleunigt, übrigens Marktlogiken folgend, die nunmal frei von Ideologie sind.

Ob bei Erneuerbaren, Speichern, Wärmepumpen oder Elektroautos: Die Zahlen steigen zuletzt exponentiell. Und auch wenn sie am Anfang noch klein sind – das zumindest sollte ja von Corona hängen geblieben sein –, wachsen sie dann plötzlich sehr schnell. Einfach wird der Umstieg trotzdem nicht werden. Und ob er am Ende schnell genug kommt, hängt von vielen Faktoren ab – etwa ob es gelingt, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen oder genug Fachkräfte aus anderen Branchen für diese Aufgaben zu qualifizieren. Politischer Druck wird darum nötig bleiben. Doch der verbreitete Eindruck, dass man ohnehin nur scheitern kann, ist dabei weder hilfreich noch gerechtfertigt.

ebd.

Auch Barbara Junge wird von Pragmatismus getrieben – wenn ein demokratischer Systemwechsel nicht in Sicht ist, dann gilt: „Kapitalismus muss die Welt retten“. Und vor allem der Westen:

Sie müssen zum Aufbau erneuerbarer Energien und klimafreundlicher Infrastrukturen für die Staaten des Südens und des Ostens Programme auflegen, die, sorry, Kanzler, nicht nur die Scholz’schen Millionen oder Milliarden umfassen, sondern mit Billionen an Dollar daherkommen und die nur eine Auflage haben dürfen: Verzicht auf fossile Energie. Sonst kommt irgendwer im Senegal doch wieder auf die Idee, bislang unerschlossene Gasfelder anbohren zu wollen.
Klingt utopisch? Mag sein. Eine urkapitalistische Form der Weltenrettung? Ja, doch mit Aussicht auf Erfolg. So, wie ein Unternehmen sich mit wuchtigen Investitionen transformiert, wenn das alte Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert, würde sich die Welt neu erfinden. Nicht weil die Schlafwandler in den Regierungssitzen dieser Welt erkannt hätten, auf welchem Irrweg sie bislang wandelten. Sondern, weil der Umbau ganz einfach attraktiver ist als das Weiter-so.
Man muss weder Marxistin noch Volkswirtin sein, um durchrechnen zu können: Wer diesen Umbau nicht jetzt finanziert, würde später viel mehr bezahlen müssen. Der Preis wäre eine in Teilen unbewohnbare Welt.

https://taz.de/COP27/!5893425&s=Klimawandel/

Der New Green Deal, der nicht so heißen darf

Die USA müssen dabei sein, oder besser noch, voran gehen. Paul Krugman konstatiert in seiner Kolumne: das passiert. Biden durfte das jedoch nicht so nennen, um seinen Build Back Better-Plan. Er schreibt: „Nobody cares about Biden’s energy policy. Great!“

Titel seiner Kolumne: Biden’s Carrots-Not-Sticks Approach to Climate Policy Is Looking Pretty Good

Auch er verweist auf erstaunliche Zahlen:

https://ourworldindata.org/cheap-renewables-growth?campaign_id=116&emc=edit_pk_20221115&instance_id=77625&nl=paul-krugman&regi_id=124452418&segment_id=113233&te=1&user_id=71693b20d24ba65d44e73f4bdc933d04

Krugmans Fazit ist, dass es nicht Energie-Steuern sein werden, schon gar nicht in den USA, die dafür sorgen, dass mehr Energie aus regenerativen Quellen fließen wird:

The politics of subsidies for green energy, however, are arguably much more positive. Instead of making it more expensive for people to do what they were doing before, the government is making it cheaper for them to do different things. And it doesn’t hurt that the administration can then boast about the jobs its strategy is creating in everything from battery manufacturing to solar-panel installation.

https://www.nytimes.com/2022/11/15/opinion/biden-climate-change-ira.html?unlocked_article_code=iwI9wemSoZ22cbme0aXRv0d6vJVCwmgojGRbRGgArrvUZFqCKPONibPp1gveWFjZwHVDVNeMfzMNKXbl5MbR_V_vp3nApVdZxDFCt54-hugr2BMdohom3Obzfuk-1MvBVKu8Z__XRoD2F3tUlazTvDBJNbIGxbW31q5LLaGmr9_mmGBc6HpseAV56BA6dHPQhtKMlRd1IPO3nyDLV7swnaXArV97qxqV1NG5pYrqKfndaW14lOakkFRTCDnQnMOLsi7_hcvTbvtExXP_9M9I2zhwHVz0dx5fe0AtmUOB16iJfYpphiuQuZ2QGEun8jsWI5U5nHJAdXYWeMo8R8IYQy0BJQ&smid=share-url

Auf dem Weg

Der Text ist jetzt schon zu lange, es bleibt noch viel zu sagen und zu schreiben – aber der Webspace hier ist ja schier unerschöpflich.

Ich will auf einen weiteren Text hinweisen: Beyond Catastrophe – A New Climate Reality Is Coming Into View

Auch wenn ich nicht soweit gehe wie der Wissenschaftsreporter der WELT, der jetzt eine Trendwende der Klimaberichterstattung gekommen sieht, die die „übertriebenen Warnungen der letzten Jahre“ bis hin zu „Hysterie“ entlarvt: hier steht auch viel Bedenkenswertes drin. Man darf aber nicht übersehen, dass der Artikel auch klar macht, selbst mit weniger apokalyptischen Temperaturanstiegen verändert sich die Welt teils dramatisch, vor allem in Regionen, die zu Anpassungsleistungen kaum in der Lage sind.

In 2017, looking back at decades of ineffectual organizing, I didn’t think the political mobilization of the last five years was even possible, and if you had told me then about the radical acceleration of renewable technology to come, I would’ve been more credulous but still surprised. But signs of optimism are not arguments for complacency — quite the opposite, because the new range of expectations is not just a marker of how much has changed over the last five years but of how much might over the next five, the next 25 or the next 50.

ebd.

Der Text ist lang, gibt die Einschätzung von Wissenschaftlern wieder, die inzwischen wieder mehr Hoffnung haben, und deren Modelle sagen, dass die Erde bewohnbar bleibt. Nur nicht aufhören, sich anzustrengen.

We’ve come a long way, and we’ve still got a long way to go,” says Hayhoe, the Canadian scientist, comparing the world’s progress to a long hike. “We’re halfway there. Look at the great view behind you. We actually made it up halfway, and it was a hard slog. So take a breather, pat yourself on the back, but then look up — that’s where we have to go. So let’s keep on going.”

ebd.

Photo by Mohamed Nohassi on Unsplash