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Dem Guten verpflichtet, Aufklärung der Massen, Anleitung zum bewussten Leben, Akzeptanz durch Penetranz – was ohnehin journalistische Sekundärtugenden zu sein scheinen, wird in journalistischen Social-Media-Angeboten noch direkter, man könnte auch sagen, aufdringlicher dargereicht. Junge, engagierte, unterbezahlte idealistische Kräfte gehen da ans moderne Werk, und die Währungen „Klicks“ und „Kommentare“ scheinen ihnen unschlagbar Recht zu geben.

Großartiges Thema: Plastik. In den Meeren. Im Pazifik. Oder woanders. Und der Beitrag des Einzelnen.

Im Juli lief mir eine Multimedia-Grafik über den Weg, die mit diesem Satz angeteasert wurde:

Hannover hat ein Pfandsystem für Kaffeebecher eingeführt und spart damit tausende Tonnen Müll.

Und hier die Zahlen, die in drei Grafiken gezeigt wurden:

 

  • 3 Milliarden Einwegbecher pro Jahr in Deutschland (landen im Papierkorb)
  • Einwegbecher: 40.000 Tonnen (Plastikmüll insgesamt: 6 Mio. Tonnen) p.a.
  • Das System spart schon jetzt 1,2 Millionen Einwegbecher

Jetzt mal nachrecherchieren, oder auch nur nachrechnen:

Wie viel wiegt also ein Einwegbecher? 40.000 Tonnen sind: 40.000.000.000 g. Geteilt durch 3.000.000.000. Macht 13 Gramm.

1,2 Mio. Becher wiegen so 15.600.000 g. Macht 15.600 kg. Oder 15,6 Tonnen.

Nochmal der Teasertext.

Hannover hat ein Pfandsystem für Kaffeebecher eingeführt und spart damit tausende Tonnen Müll.

Äh, nein.

Oder: in 64 Jahren.

Weil ein Anliegen „gut“ ist rechtfertigt das nicht diese Unmengen an Plastiksensibilisierungsartikeln, die in allen Medien, aber halt auch besonders gerne als Clickbait daherkommen. Auf Dauer wird dieses übertreiben nicht unbemerkt bleiben, und der „Nanny-Journalismus“ noch mehr Menschen in einer skeptischen Grundhaltung gegenüber den Hauptstrommedien bestärken.

 

Auch die Welt hat etwas dazu geschrieben.

 

Das mir dieser Tweet gefallen hat, das darf ich dann auch nicht verschweigen:

 

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