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Plastik

Ich will nur ein eine Leseempfehlung zur fast schon hysterischen Plastikdebatte abgeben. Hysterisch deswegen, weil die Masse der Journalisten in Deutschland davon auszugehen scheint, dass der Plastikstrudel im Pazifik überwiegend aus deutschen Abfällen besteht.

Ausgangspunkt einer Lesereise dazu kann ein Artikel in der taz sein: „Plastik ist nicht gut oder böse“. Ein Interview mit Henning Wilts, er leitet den Forschungsbereich Kreislaufwirtschaft beim Wuppertal Institut.

Es ist wichtig, dass die Kommission das Thema Plastikmüll aufgreift. Aber die vorgeschlagenen Maßnahmen gelten nur für 1 Prozent des Abfalls, die anderen 99 Prozent werden nicht erfasst, den Mitgliedsländern überlassen oder mit langen Übergangsfristen versehen. (…)

Die Müllstrudel sind erschreckend, bestehen aber überwiegend nicht aus unserem Müll, sondern zu über 90 Prozent aus einer Hand voll asiatischer Länder ohne eine geregelte Abfallentsorgung. (…)

Die EU-Kommission will Plastik durch „saubere Alternativen“ ersetzen …

Die biobasierten Kunststoffe etwa aus Mais oder Rüben hat die EU-Kommission zum Glück schon ausgeschlossen, das war sehr wichtig. Es nützt nichts, wenn wir für eine verstärkte Pflanzenproduktion die Regenwälder abholzen.

Oder Papiertüten und Einweg-Geschirr aus Bambus?

Die sind im Durchschnitt nicht besser als die aus Plastik. Sie landen nicht im Meer, verbrauchen aber mehr Ressourcen bei der Herstellung. Am schlimmsten wäre es, wenn Plastiklöffel durch dünne Alu-Löffel ersetzt würden. Dann wäre gar nichts gewonnen.

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Wir freuen uns dann über die Symbolpolitik der EU-Kommission, die Plastik-Strohhalme und Einweggeschirr angehen will. Dabei starrt die Debatte bei uns vor allem auf die Recycling-Quote

Ungleichheit im Bildungssystem

Ich stehe ja drauf, wenn man Statistiken, die einfach so verbreitet werden, nachgeht. Das mach der FAZ-Artikel Die Mär von der sozialen Ungerechtigkeit, an dem ich allerdings den reißerischen Titel bemängele, der mir nicht auf Anhieb sagt, dass es darum geht, der Frage nachzugehen, welchen Einfluss sozialer Status auf Bildungserfolg hat. Nicht darum, dass es keine soziale Ungerechtigkeit gebe.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die soziale Herkunft in allen untersuchten Ländern Einfluss auf den Bildungserfolg hat. Im Durchschnitt der OECD, der bei Pisa als Maß aller Dinge gilt, sind 13 Prozent der Leistungsunterschiede dadurch zu erklären. Für Werte zwischen 11 und 15 Prozent gilt, dass sie nicht statistisch signifikant vom Durchschnitt abweichen.

Der Weg zu einem Prozentwert als Einflussgröße kann nichts anderes als kompliziert, statistisch anspruchsvoll und am Ende voller Vorfestlegungen sein. Der Autor geht der Frage nach, wie die OECD zur Aussage kommt, „der statistische Zusammenhang zwischen Leistung und sozialer Herkunft (sei) noch immer sehr ausgeprägt“. Ein Blick in die Zahlen:

Deutschland liegt wie Österreich, die Schweiz und vier weitere Länder mit einem Wert von 16 Prozent nur schwach signifikant über dem Durchschnitt der OECD. Wenn das sehr ausgeprägt sein soll, wie würde die OECD dann die deutlich höheren Werte anderer Länder bezeichnen? Auf diese Frage blieb der Pressesprecher der OECD bezeichnenderweise die Antwort schuldig.

Und: was bedeutet das angesichts der Leistungsfähigkeit?

Auf der anderen Seite fällt auf, dass von den 26 Ländern mit – laut Pisa – hoher Bildungsgerechtigkeit 16 nur unterdurchschnittliche Leistungen in Naturwissenschaften erreichen, 13 davon sogar weniger als 440 Leistungspunkte bei einem Durchschnitt von 493. Sie gehören mit Abstand zum unteren Drittel der Leistungsskala.

Gerecht aber mit schlechtem Ergebnis?

Das Thema ist schwieriger zu fassen als es die Schlagzeilen suggerieren …

SPD

Nach meiner Lektüre der „Schulz-Story“ betrachte ich den Zustand der SPD noch skeptischer denn je. Und dann dieser Artikel der Süddeutschen Zeitung: „Anleitung zum Unglücklichsein“ (Paywall, auch bei Blendle für 0,79 Euro). Es ist eine deprimierende Bestandsaufnahme des Zustands der bayerischen SPD:

Kohnen berichtet, der neue Ministerpräsident verteile nun Geschenke im ganzen Land; das neue Familiengeld lasse Markus Söder sogar kurz vor der Wahl auszahlen. „Das kann man schon machen“, sagt Kohnen – und dann sagt sie nicht schnell genug: „aber“. Schon haben viele Leute im Zelt mit Klatschen angefangen. Geschenke? Geld? Im September? Da ist auch mancher Sozi nicht abgeneigt. Nach dem „aber“ erklärt Kohnen, dass das dreister Stimmenkauf sei und sozial nicht wirklich gerecht. Aber da hat das SPD-Zelt schon für den CSU-Mann geklatscht. Und ein Zufall ist das nicht: Laut einer Umfrage halten 51 Prozent der SPD-Anhänger Söder für einen guten Ministerpräsidenten.

Die SPD bei 12 Prozent, gleichauf mit der AFD, die Grünen bei 14. Das ist bitter. Sehr bitter. Aber das Selbstbewußtsein der alten SPD speist sich zum Teil aus der Illusion, die Partei könne gar nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken.

Der Rucksack, den die SPD in Bayern zu tragen hat, ist ja eh schwer. Aber die Genossen haben die Neigung, sich noch zusätzlich mit ein paar Gewichten zu beladen.
Zum Beispiel alljährlich im Januar. Der Januar ist lang, aber die SPD trifft sich immer, immer zur gleichen Zeit wie die CSU zur Klausur. Sie produziert Unmengen von Anträgen, von denen dann außer den Teilnehmern der Klausur niemand was mitbekommt, weil das Land gebannt auf die CSU starrt. Warum nicht den Termin eine Woche früher oder später ansetzen? Die SPD sagt: Wir weichen nicht vor der CSU.

Und wenn man schon mit den Wählern nix anfangen kann, dann halt mit sich selbst: aufstrebende aber nicht stromlinienförmige Genossinnen und Genossen abschießen.

 Die SPD ist gefangen in einer Art Selbstbeschädigungsspirale – weil es mit den Wählern nicht so funkt, konzentriert man sich auf das, was man unter sich ausmachen kann.

 

 

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