Die FAZ muss immer mal wieder an den Leser denken. Daher schreibt sie Artikel wie Niedriglohnsektor : Viel besser als sein Ruf Darin schreibt Britta Beeger, neben vielen anderen beruhigenden Nachrichten für die sicher nicht im Niedriglohnsektor arbeitenden Leser:

Und mit noch einem Mythos muss aufgeräumt werden: dass Aufstieg nicht für alle möglich sei. Vielen Geringverdienern gelingt der Sprung über die Niedriglohnschwelle, und es gibt keinen Grund zu zweifeln, dass das auch künftig möglich sein wird, zumal angesichts des demographischen Wandels inzwischen viele Unternehmen mehr oder weniger verzweifelt nach Fachkräften suchen.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/niedriglohnsektor-viel-besser-als-sein-ruf-16166267.html

Allerdings: so irgendentwas wie eine Quellenangabe, irgendeinen Bezug auf irgendetwas bleibt sie schuldig. Wie kommt sie dazu, mit einem Mythos aufzuräumen und zu der Behauptung „Vielen Geringverdienern gelingt der Sprung über die Niedriglohnschwelle “

Das ist so ein generelles Problem: muss ich das jetzt einfach glauben, weil es in der FAZ steht? Oder wäre es nicht eher Journalismus, wenn man auch sagt, worauf man sich mit einer solchen Aussage beruft?

Ich lese anderswo anderes, mit Quellenanagabe, etwa bei Capital „Der Niedriglohnsektor ist für viele Beschäftigte eine Falle“

Die Studie stellt fest, dass die sogenannte Lohnmobilität aus dem Niedriglohnsektor heraus sehr gering ist. Nur ein Drittel der Niedriglohnbeschäftigten habe auf mittlere Sicht den Aufstieg in ein höheres Lohnsegment geschafft. Das seien meistens Beschäftigte, die während ihrer Ausbildung einfache Tätigkeiten nachgingen und nach Abschluss in ihren erlernten Beruf einstiegen.

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/der-niedriglohnsektor-ist-fuer-viele-beschaeftigte-eine-falle

Hier könnte man jetzt qualifiziert hergehen und eventuell über die DIW-Studie streiten – das ist aber schonmal mehr, als der FAZ-Artikel hergibt. Journalismus muss sagen, woher er seine „Weisheit“ bezieht und nicht einfach Behauptungen aufstellen a la „besser als sein Ruf.“

Foto: Michael Scheuch